piwik no script img

In guter Stimmung ab in den Golf

■ Oldenburger Luftwaffenoffiziere durften der Presse Zuversicht vorspielen / Gehaltsaufbeserung

Hartmut Winkel ist Pilot. Bomberpilot beim 43 Jagdbombergeschwader in Oldenburg. Und Hartmut Winkel ist einer von 212 Soldaten, für die ab sofort der Ernstfall beginnt. Denn im Laufe dieses Wochenendes werden die Oldenburger Soldaten als schnelle Eingreiftruppe an die türkisch-irakische Grenze verlegt und dann dort mit 18 Alpha-Jets im Tiefstflug hin-und herdonnern. Zum ersten Mal seit 1945 ist damit eindeutscher Truppenverband möglicherweise direkt an einem Krieg beteiligt (vgl. S.4). Eine Aussicht, die Hartmut Winkel nicht schockt, zumindest noch nicht. „Wir sind zuversichtlich, daß wir gut rauskommen“, sagt er, und: „Die Stimmung in der Truppe ist gut.“

Hartmut Winkel ist einer von etwa 15 Offizieren, die gestern in Oldenburg abkommadiert worden waren, der Presse Rede, Antwort und nebenbei Fotomodell zu stehen. Wie beispielsweise auch Oberfeldwebel Gerhard Groenewald, der sich ununterbrochen eine ABC-Maske auf- und wieder absetzt, um zu demonstrieren, wie „die Männer“ sich gegen irakisches Giftgas zu schützen gedenken. Er ist dabei guter Dinge und sieht keine Gefahr für Leib und Leben. „Für mich ist das eher eine Übung.“

Eine etwas ungewöhnliche Übung: Denn zum Einsatz im ostanatolischen Erhac, nur 400 Kilometer von der irakischen Grenze entfernt, werden Rettungshubschrauber, fünf Ärzte und eine kleine OP-Ausrüstung mitgenommen. Und jede Menge Bomben, ungelenkte Raketen und sonstige Munition. Fachmann für diesen Bereich ist Peter Schulz, einer der waffen- und munitionstechnischen Offiziere der Truppe. Er kann beispielsweise präzise erklären, was so eine panzerbrechende BL-755-Streubombe bewirkt. „Wenn ein Panzer nicht getroffen wird, bleibt die Splitterwirkung gegen Weichziele mächtig.“ Und doch: Verglichen mit der Bewaffnung eines Tornados oder eines Phantom-Jägers ist so ein Alpha-Bomber noch ein eher harmloses Tötungswerkzeug. Seine Vorteile liegen in der Wendigkeit und in der Fäigkeit zum extremen Tiefstflug. „Direkt über der Grasnarbe“ könne man fliegen, sagt Waffen- Profi Peter Scholz, und dann rauf auf 30 Meter, „sonst wird die Bombe nicht scharf“, Abwurf, Detonation und dann wieder herunter auf die Grasnarbe. „Bisher war dasalles nur Spiel“, sagt Scholz, „aber jetzt wird es ernst.“ Und damit die Journalisten wissen, wovon die Rede ist, sind in der Halle des Fliegerhorstes ganze Batterien von Bomben aufgebaut.

Derweil erzählt Pilot Winkler gleich nebenan, daß seine Eltern ihm viel Glück gewünscht haben, und daß er volles Vertrauen in „Alfi“ setze. Und auf Alfi klettert zu diesem Zeitpunkt der Einsatzleiter Peter G. Pyczak herum, sehr zur Freude der Fotographen. Noch ein Bild mehr für's Archiv, man weiß ja nie, wofür das noch mal gut sein kann.

Und am Nachmittag tat dann die Bundeswehrführung das ihre zur guten Stimmung dazu. Jetzt lohnt sich der Ernstfall für die Piloten auch noch richtig, denn der kommandierende General der Luftwaffe, Generalleutnant Walter Schmidt, verkündete, daß das ursprünglich vorgesehene Tagegeld von 11,40 Mark kräftig erhöht wird. So erhält ein verheirateter Oberleutnant zusätzlich jetzt 1.345 Mark steuerfrei und obendrauf 50 Prozent seines Gehaltes als Trennungsgeld. Bislang ist nur einer definitiv von der vorübergehenden Gehaltsaufbesserung ausgeschlosen. Denn ein Zeitsoldat will jetzt den Kriegssdienst verweigern und darf deswegen in Oldenburg bleiben. Für die Wehrpflichtigen unter den 1.000 der Einheit unterstellten Soldaten kann es demnächst ernst werden. Der Kommodore der Fliegerstaffel kündigte an, daß auch sie demnächst in die Türkei geschickt werden könnten.

Holger Bruns-Kösters

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen