Geräumte Besetzer im Rathaus

■ 50 Hausbesetzer belagerten das Berolina-Haus/ Sie fordern drei geräumte Häuser zurück/ Eierwürfe gegen Mendiburu/ AL will Kompromiß

Mitte. Bunte Transparente lockerten gestern die graue Fassade des Bezirksamtes Mitte auf. 30 Hausbesetzer hatten gefärbte Bettlaken aus dem siebenstöckigen Berolina-Haus am Alex gehängt, nachdem sie einige Räume besetzt hatten. Sie forderten die Rückgabe der drei Friedrichshainer Häuser, die vorgestern von der Polizei geräumt worden waren.

Im Rahmen einer Pressekonferenz der Besetzer sagte Bezirksbürgermeister Benno Hasse: »Das Grundübel sind nicht Hausbesetzer, sondern, daß es zu wenig Wohnungen gibt!« Politische Lösungen müßten her, forderte der einzige Bürgermeister von Demokratie Jetzt in den neuen Bundesländern. Der Senat solle den Instandbesetzern »realistische Verträge« anbieten. Hasse veröffentlichte einen Briefwechsel zwischen ihm und Oberbürgermeister Tino Schwierzina (SPD), indem dieser die militanten Besetzer der geräumten Mainzer Straße als »berufsmäßige Randalierer« bezeichnet. Schwierzina weist Hasses Vorschlag zurück, für die Verhandlungen anerkannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens einzusetzen.

Im Berolina-Saal bemängelten zwei Sprecherinnen der Besetzer, daß Häuser geräumt würden, obwohl 25.000 Wohnungen leerstehen sollen. Mit ihren Besetzungen würden sie sich nicht an der langen Warteschlange von Wohnungssuchenden vorbeimogeln, da erst die Besetzer die leeren Häuser in vermietbare Zustände gebracht hätten. Mit Räumungen wolle »der Sozialstaat uns zu Terroristen brandmarken und so sein Versagen in der Wohnungspolitik kaschieren«, meinten die Vertreterinnen der am Donnerstag Geräumten. Strafverfahren gegen Hausbesetzer, so fordern sie, sollen zurückgenommen werden. Den Vorschlag des Friedrichshainer Bezirksbürgermeisters Helios Mendiburu (SPD), daß obdachlos gewordene Besetzer Wohnungen bekommen könnten, lehnten sie ab. In Friedrichshain stehen etwa 70 Häuser leer, von denen es für 40 keine Bauvorhaben gibt.

Verstärkung bekommen die Häuserkämpfer von der AL. Deren Abgeordnete Lena Schraut erklärte der 'taz‘, daß von ihrer Partei ein Brief an die »liberale Öffentlichkeit« gehen wird. Ziel sei ein Kompromiß für räumungsbedrohte Häuser. Denn: »Wenn die Beteiligten immer auf Maximalforderungen bestehen, kann man nicht verhandeln.«

Gestern nachmittag drangen drei Besetzer in das Büro von Bürgermeister Mendiburu ein und warfen mit Eiern um sich. Sie begründeten die Aktion mit der Räumung vom Vortage. Mendiburu, der die drei schnell Flüchtenden als »Feiglinge« bezeichnete, hat Strafanzeige gestellt. Dirk Wildt