: „Die Erde im Schwitzkasten“
■ Bremer Kongreß der BUND-Jugend/ „Apollo-Programm“ zum Klimaschutz erarbeitet
Bremen (taz) — Außer Spesen ist auch noch allerhand gewesen. Aber schon bei der Erstattung der Reisekosten von rund 500 TeilnehmerInnen des siebten Bundeskongresses der BUND-Jugend in Bremen machte der Bund für Umwelt und Naturschutz seinem Namen Ehre: Geld gab es nur für Bahnfahrkarten, wer im Auto angereist war, ging leer aus.
Sechs Tage lang hatten die Delegierten und Mitglieder aus vielen der insgesamt rund 700 lokalen Gruppen der BUND-Jugend zwischen den Jahren in Dutzenden Arbeitsgruppen, Podiumsdiskussionen und Plenen nach ihrer Position in der Energiepolitik gesucht. Sogar die allnächtlichen Feten ordneten sich als „Katastrophenparty“ dem Kongreßmotto „Die Erde im Schwitzkasten“ unter. Und so konnte gestern nicht nur der Verbrauch von 2.200 Liter Kaffee, 6.000 Kopien und 700 Litern Bier bilanziert werden, sondern auch eine umfangreiche Resolution zur Klimakatastrophe nebst konkreten Aktionstips für die Arbeit vor Ort.
Ein „Apollo-Programm“ zum Klimaschutz, das alle technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kräfte zur schnellen Minimierung des CO2-Ausstoßes bündelt, fordert die Resolution. Gleichzeitig wird aber auch ein schneller Ausstieg aus der Atomwirtschaft verlangt.
„Das ist möglich“, erläuterte Jens Kothe (24), energiepolitischer Sprecher der BUND-Jugend, das erarbeitete Konzept. Mit einer „Primärenergiesteuer“ sollte sich Energiesparen finanziell lohnen, die Einnahmen sollte der Staat gezielt für regenerative Energiequellen wieder ausgeben. Auch mit dem noch aus der Nazizeit stammenden Energiewirtschaftsgesetz haben sich die jungen Umweltschützer befaßt. Lineare Tarife, angemessene Vergütung für privat erzeugten Strom aus Windkraft- und Sonnenenergieanlagen und ein Aufbrechen der Monopole im Energiebereich sollen der Klimakatastrophe vorbeugen helfen. Um Druck zu machen, will die bundesweit 32.000 Mitglieder starke BUND-Jugend jetzt mit vielen lokalen Aktionen das öffentliche Bewußtsein für eine ökologische Energiepolitik schaffen.
Aus erster Hand ließ sich der Kongreß über die Umsetzung der Vorschläge des Bremer Energiebeirats informieren, der vor zwei Jahren 88 konkrete Schritte zur Verminderung des gesamten CO2-Ausstoßes bis zum Jahr 2010 vorgelegt hatte. Eine Podiumsdiskussion ergab denn auch viel guten Willen und einige positive Ansätze bei Politik und Stadtwerken — in der Bilanz aber statt der anvisierten Senkung noch eine weitere Steigerung des CO2-Ausstoßes bei der Energieerzeugung.
Ihre Kritik an dem „schwerfälligen Tanker Stadtwerke“ ließen sich die BUND-Jugendlichen auch nicht durch die 5.000-Mark-Spende abkaufen, mit der sich die Stadtwerke an den Kosten des Kongresses von insgesamt 120.000 Mark beteiligt haben. So sprangen denn bei der Abschlußdemonstration viele schwarze „Ozon“- und „CO2“-Gespenster über den Bremer Marktplatz und machten auf den Teufelskreis von Energieverschwendung, Waldsterben, Polschmelze und Treibhauseffekt aufmerksam.
Resignation war den Naturschutz- Jugendlichen dabei nicht anzumerken. Schließlich ist in Bremen auch ein kleiner Erfolg des BUND- Jugendkongresses 1987 zu erleben. „Damals haben wir auch in Bremen getagt und eine gezielte Ampelschaltung für Busse und Bahnen gefordert“, erinnert sich Armin Torbeche, damals Zivildienstleistender beim Bremer BUND. Und tatsächlich: Seit Anfang Dezember springen in Bremen alle Ampeln automatisch auf Grün, wenn sich eine Straßenbahn der Linie 2 nähert. Dirk Asendorpf
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