Bielecki bleibt auf Mazowiecki-Kurs

In der Regierungserklärung von Polens neuem Premier Bielecki werden lediglich Korrekturen bei der Privatisierung und bei der Unterstützung für den Mittelstand vorgenommen/ Der Staatsapparat soll reorganisiert werden/ Sozialpolitik weniger sozial  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

Polens neuer Premier Jan Krzysztof Bielecki hat am Samstag nachmittag sein Programm und die Liste seiner Minister dem polnischen Parlament vorgestellt. Während die Besetzung der Ministerposten einige Überraschungen birgt, knüpfte Bielecki in seiner Rede überwiegend an die Politik seines Vorgängers Mazowiecki an. Akzentverschiebungen waren dabei vor allem in der Frage der Privatisierung festzustellen. Insgesamt wolle sich seine Regierung, die er als „Team von Fachleuten“ vorstellte, in den wenigen Monaten bis zu den Parlamentsneuwahlen auf wirtschaftliche Fragen konzentrieren. Neben der Wirtschaftspolitik widmete Bielecki daher nur der Außenpolitik, wo es keine Änderungen geben wird, und der inneren Sicherheit größeren Raum. Um zu verhindern, daß die innenpolitische Öffnung durch eine Flut von Verbrechen diskreditiert werde, sollen mehr Polizisten eingestellt und das Innenministerium umorganisiert werden. Das Staatssicherheitsamt soll dazu aus dem Innenministerium ausgegliedert und direkt dem Premier unterstellt werden.

Im längsten, dem wirtschaftspolitischen Teil seiner Rede bekannte sich Bielecki zur Marktwirtschaft und knüpfte an zahlreiche Maßnahmen an, die die Regierung Mazowiecki bereits eingeleitet hatte. Er lobte die Stabilität des Zloty, die Einführung des wirtschaftlichen Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage und die Abschaffung der Mangelwirtschaft. Kritik gab es dagegen indirekt für Sozialminister Jacek Kuron, der auch nicht ins neue Kabinett übernommen wurde. Bielecki möchte in Zukunft weniger Geld für Arbeitslosen- und Sozialhilfe, dafür mehr Mittel für die Schaffung neuer Arbeitsplätze bereitstellen.

Zugleich kritisierte Bielecki, daß die Arbeitslosigkeit nicht zu Strukturveränderungen in der Wirtschaft geführt habe: „Die Leuten wurden entlassen, aber die unrentablen Betriebe sind geblieben.“

Seine Regierung werde vor allem auf die Initiative junger Leute setzen, und die sogenannte kleine Privatisierung vorantreiben: Die Vergabe von Läden, Kleinbetrieben, Restaurants an kleine und mittlere Unternehmer, die Aufteilung der staatlichen Groß- und Einzelhandelsriesen in Einzelbetriebe und ihre anschließende Privatisierung. Zugleich solle „das staatliche Bankenkartell eliminiert“ werden. Dabei vergaß Bielecki auch nicht ein deutliches Zugeständnis an die Bauernpartei, die Bielecki am Freitag ihre Unterstützung versagt hatte: Er werde Polens Bauern vor „unlauterer Konkurrenz aus dem Ausland“ schützen, den Export von Lebensmitteln unterstützen und den Handel und das Verarbeitungsgewerbe auf dem Land dezentralisieren. Die Bauern sollen leichteren Zugang zu Krediten erhalten. Einige der zuständigen Ministerien sollen reorganisiert werden: Das bisherige Binnenhandelsministerium wird teilweise abgeschafft. Das Zentrale Planungsamt und das Amt für technischen Fortschritt werden zu Forschungsbüros reduziert, im Bautenministerium und dem Landwirtschaftsressort gibt es Kompetenzumverteilungen.

Aufsehen erregte Bieleckis Ministerliste, wenngleich einige Kandidaten schon im voraus bekanntgeworden waren. So etwa die Tatsache, daß sowohl der vor der Präsidentenwahl aus dem Walesalager scharf angegriffene Finanzminister Balcerowicz als auch Außenminister Skubiszewski auf ihren Posten bleiben. Keine Veränderungen gibt es außerdem im Verteidigungsministerium, im Ministerium für Kommunikation und im Transportministerium.

Die größte Überraschung war die Besetzung des Innenministeriums mit dem Danziger Henryk Majewski. Majewski wurde erst vor einem Jahr zum stellvertretenden Wojewodschaftskommandanten der Polizei in Danzig ernannt und ist ein sogenannter Quereinsteiger: Er hat zuvor nie in der Polizei gearbeitet. Klar ist aber, daß die wichtigen Entscheidungen in diesem Bereich im „Belveder“, dem Sitz des Präsidenten fallen werden, da Walesa speziell für den Bereich der Sicherheit den Danziger Abgeordneten Jacek Merkel zum Staatsminister berufen hat.

Prof. Wieslaw Chrzanowski, Vorsitzender der konservativen „Katholisch-Nationalen Vereinigung“ wird Justizminister, der Abgeordnete Andrzej Zawislak wird Industrieminister und der bisherige stellvertretende Minister für Außenhandel, Dariusz Ledworowski, ersetzt seinen bisherigen Chef Marcin Swiecicki. Janusz Lewandowski, Chef des Danziger „Liberaldemokratischen Kongresses“ wird Privatisierungsminister. Den Nominierungen Bieleckis muß der Sejm noch zustimmen. Die entsprechende Abstimmung ist allerdings erst für Ende der Woche vorgesehen, zuvor werden die einzelnen Kandidaten noch vor den zuständigen Sejmkomissionen gehört.