Waigel schröpft die Ex-DDR-Bürger

■ Waigel will angeblich bis 1993 sämtliche Zuschüsse zu Mieten, Energie und Verkehr in der Ex-DDR streichen/ Lebenshaltungskosten bald auf Westniveau/ Subventionsabbau schon in diesem Jahr

Berlin/Bonn (taz/dpa) —Die Verbraucher in der Ex-DDR müssen sich nach Informationen der 'Berliner Morgenpost‘ auf einen raschen Abbau wichtiger Subventionen einstellen: Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) will demnach sämtliche staatlichen Zuschüsse zu den Mieten, den Energiekosten und für den öffentlichen Verkehr bis Ende 1993 restlos abgebaut haben. Mit ersten Streichungen bei den staatlichen Zuschüssen soll bereits in diesem Jahr angefangen werden. Einen Vorschlag dieses Inhalts soll Waigel in die Bonner Koalitionsverhandlungen eingebracht haben, die am Montag fortgesetzt werden. Die Lebenshaltungskosten in den fünf neuen Bundesländern, die fast ausschließlich dank dieser Subventionen bis jetzt niedriger liegen als im Westen, würden damit innerhalb von drei Jahren auf Westniveau klettern. Währenddessen werden die Löhne in Ostdeutschland selbst nach den optimistischen Prognosen von Bundesarbeitsminister Blüm erst in vier bis fünf Jahren den Stand der Westlöhne erreichen.

Die staatlichen Subventionen für die wichtigen Lebensbereiche Miete, Energie und öfentlicher Verkehr sollen nach bislang nicht bestätigten Berichten in drei Schritten abgebaut werden. Die Subventionen bei den Fahrpreisen im öffentlichen Nahverkehr sollen nach dem Willen Waigels schon 1991 um 650 Millionen Mark und 1992 um weitere 1,3 Milliarden Mark verringert werden. Entsprechend sollen die Fahrpreise ansteigen. Die Subventionen bei der Heizenergie sollen vom 1.Mai an abgebaut werden, nachdem die Strompreissubventionen bereits zum Jahresende 1990 gefallen sind.

Die fünf neuen Bundesländer fordern währenddessen vom Bund und den westdeutschen Ländern für die nächsten drei Jahre zusätzlich mehrere Dutzend Milliarden Mark. Der brandenburgische Finanzminister Klaus-Dieter Kühbacher erklärte am Wochenende in einem Gespräch mit der 'Hannoverschen Allgemeinen Zeitung‘, die fünf ostdeutschen Länder hätten sich für die Finanzministerkonferenz am kommenden Dienstag auf einen Forderungskatalog geeinigt. Die fünf Länder wollen in einem Gespräch aller Regierungschefs bei Kanzler Kohl am Mittwoch die generelle Zusage einer finanziell fairen Behandlung erreichen. Dazu zähle die volle Einbeziehung der fünf neuen Länder in den Länderfinanzausgleich, und zwar schon 1992. Die reicheren westdeutschen Länder müßten dann einige Milliarden Mark an die Nachbarn im Osten abgeben. Die ostdeutschen Länder fordern weiterhin, daß die Gelder aus dem Fonds „Deutsche Einheit“ in den nächsten Jahren auf der Höhe dieses Jahres bleiben. 1991 erhalten sie aus diesem Topf Finanzzuweisungen von insgesamt 35 Milliarden Mark. Der Betrag sollte jedoch bis 1994 kontinuierlich um rund acht Milliarden pro Jahr gekürzt werden.

Nach Presseinformationen will Waigel auch bei den Subventionen in den West-Bundesländern kräftig kürzen. So habe er sich für eine völlige Streichung des Strukturhilfegesetzes in Westdeutschland ausgesprochen, weil es „kontraproduktiv" sei für die wirtschaftliche Entwicklung in der Ex-DDR. So könnten rund 1,5 Milliarden Mark eingespart werden. ve