Arbeitsamt muß Umzugsgeld blechen

■ Grundsatzurteil zum Umzugsgeld bei der Aufnahme einer Arbeit: Arbeitsamt muß Einzelfall prüfen und Gründe detailliert darlegen/ Bundessozialgericht gibt Kieler Pädagogen Recht

Kassel (taz) — Demnächst könnte es in Deutschland eine Menge neuer Arbeitsplätze geben — bei den Arbeitsämtern. In einer Grundsatzentscheidung hat das Bundessozialgericht (BSG) nämlich den Arbeitsämtern auferlegt, Anträge auf Umzugskostenhilfe im Einzelfall zu überprüfen, in jedem Einzelfall „ausreichende Ermittlungen“ anzustellen, jeden der vom Antragsteller aufgeführten Gründe gesondert zu würdigen und in ihrer Begründung für „die gebotene Darlegung der Maßstäbe“ der Entscheidung zu sorgen. Die Arbeitsämter hatten bisher die Entscheidung, ob einem Arbeitssuchenden nach §53 Arbeitsförderungsgesetz bei der Aufnahme einer neuen Beschäftigung ein Umzugsgeld zusteht, nach weit gefaßtem Ermessen entschieden.

Ein Kieler Pädagoge hatte die vier Instanzen bis zum höchstrichterlichen Urteil bemüht. Ihm war 1986 eine Umzugshilfe von 4.600 Mark zugesagt worden, als ihm nach sechswöchiger Arbeitslosigkeit eine auf drei Jahre befristete Stelle in Koblenz vermittelt wurde und er dafür umziehen mußte. Die Zusage hatte er damals allerdings mündlich erhalten, nach dem Umzug wollte das Arbeitsamt dem Pädagogen nur ein Darlehen gewähren. Der Pädagoge legte Widerspruch ein, zur Begründung führte er unter anderem an, neben seiner Rückstufung im öffentlichen Dienst und der Schuldentilgung aus seiner Studienzeit habe er ein dreizehntes Monatsgehalt verloren, zudem müsse er für seine Lebensgefährtin aufkommen, die durch seinen Umzug ihr Einkommen verloren habe.

Das Arbeitsamt maß der vorgetragenen Begründung keine weitere Bedeutung bei und lehnte den Widerspruch ab. Das Koblenzer Sozialgericht und das Landessozialgericht in Mainz gaben hingegen dem Kläger Recht.

Die Kasseler Bundessozialrichter bestätigten deren Urteil. Sie verlangten eine genaue Prüfung des Einzelfalles und auch eine Begründung dafür, warum die Umzugshilfe als Zuschuß gewährt wird oder nur als Darlehen.

Solange die Bundesanstalt für Arbeit (BfA), so die Kasseler Richter, keine allgemeingültigen und überprüfbaren Grundsätze für derartige Umzugshilfeentscheidungen festgelegt habe, müsse jedes Arbeitsamt in jedem Einzelfall ins Grundsätzliche gehen.

Im Falle des Kieler Pädagogen bestätigte das BSG die Entscheidung des Landessozialgerichtes: Ihm steht der Zuschuß für seinen Umzug zu. (Az BsG 11 RAr 123/88) Heino Schomaker