„Kontraste“ zwischen Ost und West

■ Das politische TV-Magazin vom SFB startet heute mit neuem Konzept und neuem Chef/ Engelbrecht statt Engert/ Zusammenarbeit mit „Ost“-JournalistInnen geplant

Mit guten Vorsätzen ins neue Jahr: Kontraste , das politische Magazin des SFB, startet heute mit einem neuen Redaktionsteam, das sich für die Zukunft einiges vorgenommem hat. Inmitten des voranstolpernden Einigungsprozesses will sich die neue Redaktion verstärkt um eine Kooperation mit Journalisten aus der ehemaligen DDR bemühen. Ein heißes Thema, das in der aktuellen medienpolitischen Debatte heftig umstritten ist.

„Nicht alle dieser Journalisten kann man mit dem Argument einer Parteibuchkarriere oder Stasi-Vergangenheit abstempeln. Viele haben einen hohen professionellen Standard“, meint Jürgen Engert, Chefredakteur der Hauptabteilung Politik und Zeitgeschenen des SFB.

Künftig sollen bei Kontraste-Sendungen die Probleme der neuen Bundesbürger, vor allem in Berlin und Umgebung, größere Beachtung finden. Dafür braucht man Journalisten aus der Ex-DDR, denn deren Erfahrungen vermag ein Westjournalist, der das Leben in der DDR selbst niemals kennengelernt hat — möge er noch so gut recherchieren — nicht zu ersetzen. Vorerst ist es noch ein vorsichtiger Ideenaustausch, doch ein Beitrag der heutigen Sendung stammt bereits von einem Redakteur des (Ost-)Jugendmagazins Elf 99.

Kontraste besteht seit über zwanzig Jahren, genauer gesagt seit 1968. Bis vor fünf Jahren hatte die Sendung eher den betulichen Charakter eines Weltspiegel-Ost mit Beiträgen vor allem aus Osteuropa. 1986 wurde das Konzept radikal verändert: weg vom rein beschreibenden hin zum analytischen kritischen Journalismus. Kontraste wanderte in den Reigen der Dienstagsabendmagazine der ARD, wo die Sendung sich nun mit den Politmagazinen Monitor (WDR), Report (BR und SWF) und Panorama abwechselt.

Die Arbeit des neuen Konstraste- Teams (Redaktionsleiter: Hermann Engelbrecht, Susanne Opakla, Peter Wensierski, Roland Jahn, Johann Legner, Lutz Braune) wird einiges Fingerspitzengefühl erfordern, um den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. „Wir wollen versuchen, das Schicksal einzelner Menschen mit all ihren Befangenheiten und Verstrickungen darzustellen, ohne dabei in Voyeurismus, Besserwisserei oder arrogante Richterschaft zu verfallen“, erklärt der neue Chef Hermann Engelbrecht. Eine empfindliche und schwierige Gratwanderung. Kopfzerbrechen bereitete den Redakteuren im Vorfeld bereits die Frage, wie ein politisches Magazin vor dem Abschalten bewahrt werden kann. Ein neuer Vorspann soll jetzt beweisen, daß die Wirklichkeit ebenso erregend sein kann wie ein Krimi: Das Brandenburger Tor zuckt zu dramatischer Musik in verschiedenen Farben rhythmisch über die Mattscheibe, ein schwarz Vermummter blitzt durchs Bild.

Kontraste muß sich schließlich zwischen Joachim Fuchsbergers Spielshow und Dallas einpassen und gleichzeitig mit einer im ZDF neu anlaufenden erfolgversprechenden Familienserie konkurrieren. Heute abend (21 Uhr) widmet sich das Redaktionsteam noch einmal ausgibig dem Thema 'Stasi‘. Susanne Opalka und Johann Legner haben sich auf Spurensuche in der bislang unaufgeklärten Stasi-Entführungsgeschichte um den ehemaligen DDR-Bürger Karl Wilhelm Fricke begeben.

Weitere Themen: Der Ermittlungsstand in Sachen Stasi-Akten, Stasi-Seilschaften und das Leipziger Hotel Merkur, das Westmanagern als provisorischer Firmensitz dient. Sandra Seubert