Atommüllmänner sollen Fässer öffnen

Das Gezerre um die Gorlebener Atommüllfässer geht in die nächste Runde/ Gutachter empfehlen Öffnung unter „Molverdacht“ stehender Fässer/ Gewerbeaufsicht Duisburg bleibt skeptisch  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Berlin (taz) — Um die seit Monaten in Gorleben festgehaltenen 1.300 Atommüllfässer doch noch zur Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) nach Duisburg schaffen zu können, soll nun zu brachialen Methoden gegriffen werden: Zur Festellung des Inhalts der möglicherweise aus Mol stammenden Skandalfässer will die Düsseldorfer Zentralstelle für Sicherheitstechnik (ZfS) mindestens einen Teil der Fässer öffnen.

Im letzten September hatte das Gewerbeaufsichtsamt Duisburg die sogenannte Umkonditionierung der brisanten Gebinde bei der GNS abgeschmettert. Die ZfS, eine Dienststelle des Landes Nordrhein-Westfalen, hatte im Auftrag der Duisburger Aufsichtsbeamten ein Fachgutachten erstellt. Darin wird ein Verfahren akzeptiert, mit dem die GNS zunächst 30 Fässer als ungefährlich aussortieren will, um sie anschließend nach Duisburg zu schaffen. Sortiert werden müssen die Fässer, weil in Gorleben unentdeckte „Mol“-Fässer mit geringen Mengen an Kernbrennstoffen, wie Plutonium oder Uran, vermutet werden. Die Duisburger Anlage der GNS darf derartige hochgiftige Abfälle jedoch nicht handhaben. Verdächtiger Müll müßte statt dessen zur umfassenden Untersuchung ins Kernforschungszentrum Jülich gehen. Das von der ZfS akzeptierte Verfahren sieht vor, die Fässer in Gorleben und Duisburg äußerlich auf ihre Unbedenklichkeit abzumessen. Weiter sagte der Leiter der ZfS, Hans-Josef Treitz, der taz: „Jedes Faß muß geöffnet werden. Es muß eine entsprechende Probe gezogen werden, um vorhandene Radionukleide zu identifizieren und ihre Aktivität festzustellen.“ Eine solche Öffnung und Messung würde ca. 5.000 Mark pro Faß kosten.

Der Chef des Gewerbeaufsichtsamts, Erwin Krusenbaum, gibt sich trotz der Expertise der ZfS weiter skeptisch. Wichtige Bedingungen, die ihn veranlaßt hätten, die Behandlung der Fässer in Duisburg zu verbieten, seien immer noch „nicht erfüllt“. Ob diese Bedingungen je erfüllt werden könnten, bleibe noch unklar. Krusenbaum muß letztlich die Entscheidung treffen. Auch Chrisian Küppers vom Darmstädter Öko-Institut hat seine Zweifel. Zum einen könne man den Atommüll nicht erst nach Duisburg bringen, um dann festzustellen, daß er in Duisburg nicht verarbeitet werden dürfe. Selbst die nun vorgesehene Öffnung und Probenentnahme sei problematisch, weil die Radioaktivität in den Fässern in der Regel nicht homogen verteilt sei. „Wenn man vernünftig eine Probe ziehen will, muß man die Fässer vollständig zerlegen.“ In Gorleben erwartet die örtliche Bürgerinitiative trotzdem den Abtransport der Fässer. Für diesen Fall kündigte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke weitere Aktionen gegen den „Atommülltourismus“ in Gorleben an.