Quadratur des Kreises

■ Fotoausstellung über die Moscheen des Baumeisters Sinan im Überseemuseum

Innenraum einer Sinan-MoscheeFoto: Überseemuseum

So organisch wirkt die Architektur der Moscheen des osmanischen Baumeisters Sinan, daß die Betrachterin kaum glauben mag, daß Sinan, der von 1490 bis 1588 als Zeitgenosse Michelangelos lebte, ein Pragmatiker war. Verspielt und wie gewachsen wirken die Ansammlungen von großen und kleinen Kuppeln und den nadeldünnen, alles überragenden Minaretten vor dem Hintergrund des blauen türkischen Himmels.

Seine drei architektonischen Hauptwerke, die Schazade-Moschee und die Süleymaniye-Moschee in Istanbul, sein „Meisterstück“, die Selimiye-Moschee in Edirne, aber auch einige seiner Brücken und Aquädukte in Nachbarländern sind zur Zeit als Fotoausstellung im Überseemuseum zu betrachten.

Sinan, der Zimmermann und Steinmetz war, begann erst 1537 als Fünfzigjähriger, nach einer langen, militärischen Laufbahn, seinen zweiten Lebensabschnitt

hier das Foto

in den hof

der Moschee

als Architekt. Zweck seiner ingenieurstechnischen Meisterleistungen war in erster Linie, einen geeigneten Gebetsplatz zu schaffen und dessen notwendige Ergänzungen durch die funktionalen Neben-Gebäude wie Krankenhäuser, Schulen, Herbergen, Markthallen, Karawansereien und Bäder als ein Ganzes zu konzipieren.

Im Inneren fühlt die Mitteleuropäerin sich zuweilen an die Sandsteinarkaden und lichtdurchfluteten Kuppeln der christlichen Gotteshäuser erinnert. Der Gesamteindruck ist jedoch ganz anders. Stellt sich die Betrachterin in die Mitte des Raumes — diesen Eindruck lassen die gekonnten fotografischen Perspektiven der Ausstellung im Überssemuseum zu und dazu fordert die Architektur auf — wird sie gefangen von der Ruhe der „himmlischen“ Ornamente, deren Ineinandergeschlossenheit und unendliche Wiederholung. Der Islam verbietet Gottesbilder. Nicht Frontalgottesdienst und Zwiesprache scheinen in diesen Gebetshäusern im Vordergrund zu stehen, sondern eine Art kollektiver Geborgenheit im göttlichen Universum.

Im Gegensatz zum langen Kirchenschiff europäischer Gotteshäuser ist hier der Grundriß quadratisch und rund. Das ist kein Widerspruch. Die Architektur und Statik beruht auf ineinander verdrehten Quadraten: Auf den vier Säulen des Grundgebäudes stehen acht Säulen, die wiederum die runde Kuppel tragen. Dadurch entsteht im Innern des Gebäudes eine größtmögliche Fläche ohne blickbrechende Säulen. Auch die europäische Architekturgeschichte hat Wurzeln in den Kuppelbauten des Sinan. Beate Ramm

Überseemuseum, bis zum 27.1.