Hektische Aktivitäten gegen Golfkrieg

■ Großdemonstration der wiederbelebten Friedensbewegung gegen drohenden Golfkrieg/ Scharfe Sicherheitsvorkehrungen für GIs

Berlin. Je näher das Ende des US-Ultimatums (15. Januar) an den irakischen Staatschef Saddam Hussein rückt, desto konkreter werden die Schreckensszenarien, und um so hektischer werden die Aktivitäten der Kriegsgegner. Mit einer Großdemonstration am kommenden Samstag (13Uhr, Adenauer Platz) wollen die Berliner Friedenskoordination und autonome Gruppen unter dem Motto »Nein zum Krieg — Kein Blut für Öl« zum Protest gegen den drohenden Kriegsausbruch aufrufen. Verloren sich bei einer ähnlichen Demonstration im August noch nicht einmal hundert DemonstrantInnen zwischen Adenauer- und Breitscheidplatz, erwarten Berliner Friedensgruppen für den 12. Januar mindestens 6.000 Menschen.

Während es die KriegsgegnerInnen auf die Straße treibt, igeln sich die potentiell Betroffenen ein. Unter Hinweis auf die Golfkrise verschärfte das US-Militär die Sicherheitsüberprüfungen von Personal und Besuchern. Schärfere Kontrollen und stärkere Präsenz von Polizeistreifen und Sicherheitskräften sind geplant, die Militärbehörden deklarierten diese Maßnahmen gestern noch betont beiläufig als »Übung«, die nur diese Woche andauern solle. In anderen westdeutschen Städten, so war der Armeezeitung 'Stars and Stripes‘ zu entnehmen, wurden aus Furcht vor Terroranschlägen US- Soldaten angewiesen, Stammlokalen und Diskos fernzubleiben.

Daß sich der Großdemonstration am Samstag viele GIs anschließen werden, halten auch die Veranstalter für eher unwahrscheinlich. Davon abgesehen hat sich jedoch ein enorm breites Spektrum gebildet, das an vergangene Hochzeiten der Friedensbewegung erinnert. Neben vertraut klingenden Gruppen wie den »Frauen für den Frieden«, den »katholischen Christen« oder den »Internationalen Ärzten für die Verhütung des Atomkrieges« (IPPNW) rufen zahlreiche Vereinigungen und Gruppen aus Ost-Berlin mit zur Demonstration auf — vom Neuen Forum über die »Initiative für Frieden und Menschenrechte« bis zum Maxim- Gorki-Theater. Ebenfalls maßgeblich beteiligt ist das autonome Plenum, in dem sich neben Antifa- Gruppen auch die Asten der TU und FU zusammengeschlossen haben.

Ein Zwischenstopp während der Demonstration vor dem türkischen Generalkonsulat soll für eine Kurzkundgebung zur Situation der kurdischen Bevölkerung genutzt werden. Die Kurden, im Irak brutal verfolgt und mehrfach Opfer von Giftgasangriffen, wären im Falle eines Krieges mit am schwersten betroffen.

Daß Berliner in Zukunft auch unmittelbar von militärischen Konflikten im Ausland betroffen sein können, betonte gestern in einem Gespräch mit der taz der Friedens- und Konfliktforscher Professor Uli Albrecht. Mit der Einführung des Kriegsdienstes in Berlin und den NBL und der Entsendung von Bundeswehrsoldaten in die Türkei »begreifen auch die Berliner so langsam, daß sie jetzt in den militärpolitischen Alltag gekippt werden«. Das, so hofft der Wissenschaftler, werde zusätzlich Leute motivieren, sich gegen einen Krieg im Golf zu engagieren. (Siehe Interview und Veranstaltungshinweise auf Seite 23) anb