Berlin und Zonenrand müssen bluten

Koalition beschloß Einsparungen bei der Berlin- und Zonenrandförderung/ Kindergeld wird nächstes Jahr erhöht/ Elf Milliarden Förderung für Straßen und Schienen in der Ex-DDR  ■ Aus Bonn Tina Stadlmayer

Die Berlin- und Zonenrandförderung wird ab diesem Jahr bis Ende 1994, und nicht wie geplant erst langsam bis 1979 abgebaut. Das beschlossen die Vertreter von CDU, FDP und CSU bei ihren Koalitionsverhandlungen. Berlin gilt künftig als sechstes neues Bundesland und wird genauso unterstützt wie die anderen fünf. Zunächst jedoch müssen die Berliner jedoch auf die steuerfreie Zulage von acht Prozent ihres Bruttolohnes verzichten. Der Staat spart damit drei Millionen im Jahr. Auch die Steuerermäßigungen bei Investitionen und Baumaßnahmen fallen flach. Die Zonenrandförderung will die Koalition bereits in diesem Jahr um mindestens ein Fünftel kürzen. Damit wird der 40 Kilometer breite Streifen entlang der Grenze zur Ex-DDR nicht mehr wie bisher unterstützt. Steuererleichterungen und erhöhte Investitionshilfen sollen bis 1994 abgebaut werden. Dafür werde jedoch in Zukunft das Gebiet an der Grenze zur CSFR besonders gefördert, erklärte die FDP-Generalsekretärin Cornelia Schmalz-Jacobsen. Auch Regionen, in denen wegen der Abrüstung Arbeitsplätze verlorengingen, will die Koalition für eine befristete Zeit unterstützen.

Bundesaußenminister Genscher setzte sich gestern in der Koalitionsrunde noch einmal vehement für niedrigere Steuern in den neuen Bundesländern ein. Finanzminister Waigel wollte darauf jedoch nicht eingehen. Er schlug statt dessen vor, ab dem kommenden Jahr sollten Betriebe nur noch dann Steuern zahlen, wenn sie Gewinne machten — das heißt, er will die sogenannten „ertragsunabhängigen Gewerbekapitalsteuern“ und die Vermögenssteuer im ganzen Bundesgebiet abschaffen. Die FDP hatte dies zunächst nur für die ehemalige DDR gefordert. Waigel will außerdem die Steuerabschreibungsmöglichkeiten für Maschinen abbauen. Allerdings soll im Gegenzug der Grundfreibetrag angehoben und die Einkommenssteuer gesenkt werden.

Die Koalition einigte sich gestern auch darauf, das Kindergeld und den Kinderfreibetrag erst ab dem kommenden Jahr zu erhöhen. Für das erste Kind sollen statt fünfzig dann siebzig Mark gezahlt werden, der Kinderfreibetrag wird von 3.024 auf 3.888 Mark angehoben. Die Sozialdemokraten fordern statt dessen ein Kindergeld von zweihundert Mark pro Kind.

Die Verkehrsexperten von CDU/ CSU und FDP beschlossen gestern, von 1991 bis 1993 sollten acht bis elf Milliarden Mark für den Ausbau des Straßen- und Schienenverkehrs in den neuen Bundesländern ausgegeben werden. Verkehrsminister Zimmermann will die Bürgermitbestimmung bei der Straßenplanung zurückschrauben. Bei Einsprüchen soll nur noch eine Instanz, die Oberverwaltungsgerichte, zuständig sein.