Erneute Ausweisung von Palästinensern

 ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Vier angebliche Hamas-Führer, Mustafa Lidoi, Fadel Az-Zabud, Imad el-Alami und Mustafa Kanua aus dem Gaza-Streifen, wurden gestern morgen von den israelischen Behörden in den Libanon verschleppt — mit dem Befehl, den von Israel besetzten Südlibanon (die sogenannte Sicherheitszone) sofort zu verlassen. Die Anwälte der Betroffenen hatten Berufung gegen den Deportationsbeschluß eingelegt. Die Berufungsverhandlung konnte jedoch nicht geführt werden, da das Oberste Gericht in Jerusalem den Verteidigern keine Akteneinsicht gewährte. Wessen die Deportierten im einzelnen beschuldigt wurden und auf welcher Beweisgrundlage, blieb offen, so daß die Verteidiger keine Chance hatten, gegen die Anschuldigungen zu argumentieren.

In kurzen Ansprachen vor dem Obersten Gericht hatten die vier Angeklagten darauf hingewiesen, daß die „politische Entscheidung“, sie aus ihrem Land zu vertreiben, für sie einem Todesurteil gleichkomme. Mustafa Kanua fügte hinzu, daß die Vertreibung „von hier Geborenen zu einer Zeit befohlen wurde, in der Hunderttausende von Emigranten aus der Sowjetunion und Äthiopien aufgenommen werden.“ „Welche Gefühle hatten denn die Obersten Richter Meir Schamgar, Aharon Barak und Jakov Malz, als sie ihre Länder verlassen mußten?“ fragte Fadel Az-Zabud. Imad Al-Alami wies darauf hin, daß die letzten drei (zu lebenslänglichen Freiheitsstrafen) verurteilten Führer der Terroristenorganisation „Jewish Underground“ soeben freigelassen wurden, während der gelähmte Scheikh Ahmed Yassin, der Begründer der „Hamas- Bewegung“, weiterhin in Haft bleibe. (Die Eröffnung des Verfahrens gegen Yassin wurde am letzten Sonntag erneut vertagt, nachdem die Verteidiger darauf hingewiesen hatten, daß man von Yassin Geständnisse durch Folter erpreßt habe.)

Die letzten Deportationen von Palästinensern aus den besetzten Gebieten liegen rund anderthalb Jahre zurück. Mit der gestrigen Vertreibung der vier Hamas-Leute aus dem Gaza-Streifen wächst die Zahl der seit Beginn der Intifada vor drei Jahren Deportierten auf insgesamt 62 Personen an.

Der israelische Energieminister Juval Neeman (Tehya-Partei) hat inzwischen beantragt, daß das Deportationsverfahren weiter abgekürzt wird, damit Deportationen in Zukunft sofort nach dem diesbezüglichen Befehl durchgeführt werden können. Sofern die zur Deportation Verurteilten Berufung einlegen möchten, sollen sie nach Neemans Vorschlag im Ausland auf die Entscheidung des Gerichtes warten.