Pfui Spinne!

■ „Arachnophobia“ — Das Kichern in der Gänsehaut

Zombie-Armeen wandeln mordend durch die Städte, in den Sümpfen und Urwäldern werden immer neue Monster geboren, so häßlich und so böse, daß Satan persönlich vor Neid erblaßt; tief unter dem Meeresspiegel, im Weltraum und auf fernen Planeten veranstalten menschliche Roboter Massenschlachtungen von Aliens — kein Zweifel, der moderne Horrorfilm ist längst an seine Grenzen angelangt. Bei den Millionen-Dollar-Special- Effects-Exzessen gibt es keine Spannung mehr, allenfalls eine leichtes Staunen über die neuesten Tricks. Und Gruseln kann man sich kaum noch.

Es hat immer wieder Versuche gegeben, diesem Dilemma zu entkommen. So bemühte sich John Carpenter 1987, mit seinem Horrorkammerspiel Die Fürsten der Dunkelheit einen Schritt zurückzugehen, erlag aber ein Jahr später mit Sie leben! gleich wieder der Verlockung der Spezialeffekte.

Steven Spielberg, der schon mit Der weiße Hai neue Maßstäbe beim Horrorfilm setzte, hat sich jetzt das kranke Genre abermals vorgenommen. Frank Marshall, der zusammen mit Spielberg und Kathleen Kennedy einst „Amblin Entertainment“ gründete, übernahm die Regie von Arachnophobia, und der Meister selbst agierte als ausführender Produzent im Hintergrund. Beide machten aus dem Spinnen-Thriller eine herrlich altmodische Geisterbahnfahrt. Endlich ist sie wieder da, die gute alte Gänsehaut und die Regel, nach der man auch im Grusical einen Lacher niemals verachten soll, wurde ebenfalls beachtet. Wie der Titel schon sagt, geht es um die Angst vor Spinnen: Dr. Jennings (Jeff Daniels) ist mit seiner Familie aufs Land gezogen. In der Kleinstadt Canaima kommt es bald zu merkwürdigen Todesfällen. Als immer mehr kerngesunde Menschen an Herzanfällen sterben, beginnt Jennings nachzuforschen. Wie sich bald herausstellt, ist eine venezuelanische Killerspinne für die unnatürlichen Tode verantwortlich. Das Biest kam im Sarg ihres letzten Opfers nach Amerika, paarte sich dort mit einer einheimischen Spezies und setzte hundertfachen tödlichen Nachwuchs in die heile Kleinstadtwelt. Jennings wurde als Baby in der Wiege von einer Spinne bekrabbelt und hat seitdem eine Heidenangst vor den Viechern. Trotzdem nimmt er mutig den Kampf gegen die achtbeinige Invasion auf.

Jeff Daniels spielt den Dr. Jennings wunderbar zurückhaltend, ohne bibbernde Hysterie, dafür mit viel trockenem Witz. Spielberg und Marshall haben viel aus ihren früheren Produktionen geklaut (die Anfangsszenen könnten z.B. sehr gut am Beginn von Indiana Jones IV stehen), aber das schadet dem Film nicht. Arachnophobia ist perfekte Unterhaltung. Es ist alles drin, was einen guten Horrorfilm ausmacht und noch ein bißchen mehr. Nur der 'Evangelische Pressedienst‘ fand ein Haar in der Suppe: Im letzten 'epd- Film‘ merkt eine Rezensentin sehr richtig an: „Spinnenphobie kann heute rasch und dauerhaft geheilt werden“ (folgt die genaue Behandlungsmethode). Daraus zieht die gute Frau den Schluß, der Film sei völlig überflüssig. Irgendjemand sollte ihr mal verklickern, daß Geschichtenerzählen etwas mit Phantasie zu tun hat. Karl Wegmann

Frank Marshall: Arachnophobia , mit Jeff Daniels, Julian Sands u.a.; USA 1990, 109 Min.