RZ-Anschlag auf NRW-Staatskanzlei

Brandsatz der „Revolutionären Zellen“ zündete nicht/ Anschlag mit der „Vertreibungspolitik gegen die Roma“ in Nordrhein-Westfalen begründet/ Roma: Anschlag „absolut untauglich“  ■ Von Walter Jakobs

Düsseldorf (taz) — Polizeibeamte haben am Mittwoch morgen in umittelbarer Nähe der Düsseldorfer Staatskanzlei einen Sprengsatz der „Revolutionären Zellen“ ( RZ) sichergestellt. Nach Informationen aus Polizeikreisen handelte es sich dabei um einen Brandsatz, der gegen 7 Uhr in der Früh in einem Müllsack an der Rheinseite des Staatskanzleigebäudes gefunden wurde. Wie ein Sprecher der Bundesanwaltschaft, die die Ermittlungen übernommen hat, weiter mitteilte, befand sich in dem Müllsack ein gelbes Postpaket, das eine mit Glasfasern umwickelte Zeitschaltuhr, einen Behälter mit fünf Liter Flüssigkeit und eine Sprengkapsel enthielt. Warum der Sprengsatz nicht explodiert ist, stand bei Redaktionsschluß noch nicht fest.

Schon am Dienstag nachmittag war bei der 'Rheinischen Post‘ ein Bekennerschreiben der RZ eingegangen, in dem es wörtlich heißt: „Wir haben heute am Sitz der Düsseldorfer Staatskanzlei... einen Sprengsatz gezündet.“ Diese Formulierung deutet darauf hin, daß der glückliche Ausgang des Anschlages offenbar auf ein Versagen der Zündvorrichtung beruht. Warum die Polizei, die seit Dienstag das Gelände absuchte, erst am Mittwoch morgen fündig wurde, blieb unklar.

In dem Bekennerschreiben wird der versuchte Anschlag als eine „Aktion gegen die politische Schaltzentrale der Vertreibungspolitik gegen die Roma“ bezeichnet. Wie berichtet, hatte die Landesregierung am 4.12. das zunächst in Aussicht gestellte Bleiberecht für die sogeannten „Bettelmarsch-Roma“ rundweg ausgeschlossen und eine Rückführung nach Jugoslawien beschlossen.

Von der RZ wird der Anschlag großmäulig als ein „Beitrag“ verstanden, „die Verantwortlichen zu treffen und als Aufforderung auf allen Ebenen den politischen Druck zu schaffen und praktische Widerstandsformen zu entwickeln, die das Vertreibungsprogramm blockieren und verunmöglichen“. Von den Betroffenen wurde dieser Vereinnahmungsversuch scharf zurückgewiesen. Karl-Heinz Kamps von der „Roma und Cinti Union“ wertete den Anschlag „als einen absolut untauglichen Versuch positiv auf die Geschicke der Roma Einfluß zu nehmen“.

Der Anschlag der RZ knüpft unmittelbar an zwei Anschläge aus dem Mai 1989 in NRW an. Damals zündete die Gruppe zwei Sprengsätze am Oberverwaltungsgericht in Münster und am Verwaltungsgericht in Düsseldorf, die sich gegen die dortigen Asylverfahren und gegen die „imperialistische Flüchtlingspolitik“ richteten. In dem aktuellen Bekennerschreiben wird der „Rassismus“ als eine „wesentliche Säule imperialistischer Herrschaft“ bezeichnet, den zu bekämpfen Ziel der RZ sei.