Tote Büffel

Einst zogen sie in riesigen Herden durch die unübersehbaren Weiten der nordamerikanischen Prärie. Vom Atlantik westwärts bis an die Grenze zu Oregon und Nevada wanderten die großen Tiere. Der Bison oder Indianerbüffel war zwischen Mississippi und Rocky Mountains die Lebensgrundlage des Roten Mannes. Doch als der weiße Mann anfing das Land zu stehlen, nahm er sich auch den Bison vor. Dank seiner modernen Schießprügel schaffte er es innerhalb von nur drei Jahrzehnten, die mehreren Millionen Büffel fast vollständig auszurotten. Im Jahre 1900 wurden noch ganze 550 Bisons in den USA gezählt. Es sah so aus, als wären die stattlichen Tiere zum Aussterben verurteilt.

Entgegen allen Befürchtungen hat sich die Art jedoch wieder erholt. Heute gibt es wieder zwischen 90.000 und 100.000 Stück. Die meisten von ihnen werden auf riesigen Ranches oder in Schutzgebieten gehalten, nur wenige leben in freier Wildbahn. Da die Bisons nicht mehr auf der Liste der bedrohten Arten stehen, gibt es für die Amerikaner auch keinen Grund mehr, sie nicht zu essen. Etwa 10.000 Indianerbüffel werden pro Jahr geschlachtet und an Restaurants und Supermärkte verscherbelt.

Die US-Amerikaner zeigen wachsenden Appetit auf Bisonfleisch. Die Büffelzüchter im mittleren Westen der USA sehen es mit Wohlgefallen. Bislang galt Bison als Delikatesse, inzwischen ist es schon nichts besonderes mehr, immer mehr Restaurants haben Büffelfleisch auf ihren Speisekarten. Das Fleisch gilt als außerordentlich wohlschmeckend und ist — wenn es richtig zubereitet wird — zart und saftig. Außerdem hat Bison verglichen mit Rindfleisch weniger Cholesterin und Fett, dafür mehr Eiweiß. Und auch das, was sonst noch so aus einem toten Bison gewonnen beziehungsweise hergestellt wird, findet reißenden Absatz. Besonders begehrt sind die imposanten Schädel der Tiere, die Dinger geben ganz famose Zimmerdekorationen ab. Die Mäntel, die aus dem Büffelfell geschneidert werden, nach der Art, wie sie einst die US-Kavallerie bei ihren Indianerschlächtereien trug, sind gerade in New York der letzte Schrei. Apropos Indianer: Von den nordamerikanischen Ureinwohnern leben ungefähr noch genauso viele wie von ihrem einstigen Grundnahrungsmittel, die meisten von ihnen, genauso wie die Büffel, in Reservaten. Bison hat fast keiner von ihnen jemals gegessen und bei einem Kilopreis zwischen 25 und 50 Dollar wird sich das auch so schnell keiner leisten können. Karl Wegmann