Bund und Länder uneins über Osthilfe

Streit um zusätzliche Hilfen für die fünf neuen Bundesländer zwischen den Bundesländern und dem Bundesfinanzminister/ Entscheidung auf Ende Februar vertagt  ■ Aus Bonn Tina Stadelmayer

Die Ministerpräsidenten der Länder und Bundeskanzler Helmut Kohl haben sich gestern nicht darüber einigen können, wie die Finanzlücken in den ostdeutschen Ländern gestopft werden könnten.

Fest steht lediglich, daß die fünf neuen Länder zusätzliche Mittel bekommen sollen. Eine Entscheidung soll jetzt bis Ende Februar gefunden werden.

Die SPD-regierten Länder und das rot-grüne Niedersachsen plädieren dafür, den Fonds Deutsche Einheit um sechs Milliarden zu erhöhen. Die Länder müßten dazu drei Milliarden lockermachen und der Bund seine Nettokreditaufnahme um drei Milliarden erhöhen. Dazu sind Finanzminister Waigel (CSU) und die Ministerpräsidenten der CDU-regierten Länder aber nicht bereit. Waigel sagte gestern, der Kapitalmarkt würde eine solche Erhöhung nicht verkraften.

Er will statt dessen den neuen Ländern schon ab diesem Jahr und nicht, wie im Einigungsvertrag festgelegt, erst 1993, einen größeren Anteil von der Umsatzsteuer zukommen lassen. Damit würden die ostdeutschen Länder jedoch anstelle von sechs Milliarden in diesem Jahr nur rund drei Milliarden mehr bekommen.

Der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) sagte, die Finanzmisere im Osten müsse bald gelöst werden, weil sonst keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Gerd Gies, CDU-Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, kritisierte die Bundesregierung: Wenn jedes halbe Jahr Neuregelungen beschlossen würden, könne er keinen Haushaltsplan aufstellen.

Finanzminister Waigel kündigte gestern an, bei einem Wegfall der Vermögenssteuer und der Gewerbekapitalsteuer sollten die Länder einen Ausgleich von jährlich neun Milliarden Mark erhalten.

Der Bund erläßt eine Rechtsverordnung, die es den ostdeutschen Ländern ermöglicht, 34,5 Milliarden Mark an Subventionen in den Bereichen Miete und Energie innerhalb von vier Jahren abzubauen.

Insgesamt kommen, so Waigel, auf Bund und Länder durch die deutsche Einheit Mehrbelastungen in Höhe von 105 Milliarden zu. Vor allem die sozialen Probleme, die Abwicklung der Nationalen Volksarmee und die Truppenverlagerung der Roten Armee in die Sowjetunion kosteten mehr als vorgesehen. Alle, die sich über höhere Gebühren, zum Beispiel beim Telefonieren beklagten, sollten jedoch bedenken, daß die deutsche Einheit einen Wachstumsschub gebracht habe.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble kündigte gestern an, die alten Bundesländer müßten über den Juni 1991 hinaus die Zulagen für die vom Westen in den Osten versetzten Beamten zahlen.