Vereint gegen aufständische Autofahrer

■ Bilanz der Straßen-Schraffierungen: Kleine Probleme aber keine Staus / Ortsamtsleiter zufrieden

Bremen-Walle, FeierabendRush-Hour-Zeit. Auf der durch Gleisschraffierungen auf eine Spur verengten Straße rollt der Verkehr so flüssig wie eh und je.

Schwachhauser Heerstraße, Morgen-Rush-Hour: Beim heftig umkämpften Concordia-Tunnel, unter dem jetzt nur noch eine Fahrspur stadteinwärts zu befahren ist, rollt der Verkehr ohne jeden Stau.

Weser Kurier, Leserbriefspalte: Seit Wochen klagen BremerInnen über Riesenstaus, kilometerweite Umwege und Geschäftspleiten und wünschen den Chef der Straßenverkehrsbehörde, Klaus Hinte, je nach Temperament in die Hölle oder auf den Mond.

Doch während Autofahrers Seele kocht, können ortskundige Fachleute keinen Grund für die anhaltende Empörung über die Verringerungen der Verkehrswege für die Autos erkennen. Den Ortsamtsleitern der betroffenen Stadtteile beispielsweise fehlt das Verständnis für die Proteste der Autofahrer. „Ich habe Probleme, zu erkennen, wo andere Probleme haben“, sagt der Hemeliner Ortsamtsleiter Hans-Dieter Rissland. In seinem Bereich stöhnen besonders Geschäftsleute über die Schraffierungsmaßnahmen an der Hastedter Heerstraße. Der Inhaber der alteingesessenen Textilgeschäftes Penig & Härtel behauptet gar, daß sein Laden wegen der Schraffierungen dicht machen mußte.

„So ein Geschäft mit langer Tradition stirbt nicht an der Schraffierung“, meint dagegen Rissland. Er bestreitet nicht, daß es in Hemelingen häufig zu Staus kommt, doch das liege schlicht am einem zu großen Verkehrsaufkommen und nicht an den Schraffierungen. Die Gesamtmaßnahme dürfe trotz der Proteste keinesfalls infrage gestellt werden. Bei den Protestierenden verspürt Rissland wenig Bereitschaft zum Dialog. Rissland: „Erst bölken sie wie die Stiere und wenn wir anbieten, daß man darüber reden könne, dann gibt es keine Reaktion.“

Auch Risslands Kollege im Bremer Westen, Bernd Peters, will die Schraffierungen nicht mehr infrage stellen lassen. An einzelnen Stellen seien Nachbesserungen erforderlich, doch zum Konzept, den ÖPNV zu verbessern, gebe es keine Alternative. Daß es in Walle oder Gröpelingen jetzt mehr Staus gebe als früher, glaubt Peters nicht. „Das kann mir keiner erzählen.“

Ein besonders vehementer Verfechter der Schraffierungen ist der Ortsamtsleiter Schwachhausen/Vahr, Arnold Müller. Müller erinnert daran, daß das ÖPNV-Konzept des Senats, in dem die Schraffierungen vorgesehen sind, von allen Beiräten fast einstimmig beschlossen wurde. Wenn jetzt einzelne Parteien erst Verbesserungenen beim ÖPNV und dann die Schraffierungen wollten, dann sei das „ein Stück Unehrlichkeit“. Müller: „Wer gegen die Schraffierung ist, ist im Grunde gegen mehr ÖPNV.“

Für die Bürgerproteste, („eine kleine, lautstarke Minderheit, die durch unbelehrbare Geschäftsleute verstärkt wird“), fehlt Müller „jegliches Verständnis.“ Der Gleiskörper gehöre schließlich der Straßenbahn und nicht den Autofahrern, denen Müller „nackten Egoismus“ vorwirft, weil sie weder an Klimakatastrophen, noch an zunehmende Atemwegserkrankungen oder die Zerstörung der Bausubstanz durch Abgas dächten.

Stauerscheinungen habe es auch vor den Schraffierungen immer wieder gegeben, sagt der Ortsamtsleiter und kann als regelmäßiger Bahn- und Busfahrer eine eigene positive Erfahrung in die Diskussion einbringen. Müller: „Als Nutzer der Linie 24 fährt man jetzt ganz hervorragend. Sonst haben wir an der Kurfürstenallee immer im Stau gestanden, jetzt geht es viel schneller.“

Auch im Stadtamt ist man trotz der Bürgerproteste mit dem Ergebnis der ersten Straßenmalereien durchaus zufrieden. Thomas Wunderlich, Stellvertreter des „Buhmanns“ Klaus Hinte: „Zu den großen Staus ist es nicht gekommen. Es hat eigentlich recht gut geklappt.“ Schwachpunkte, wie beispielsweise in der Debstedter Straße in Gröpelingen, sollten in den kommenden Wochen beseitigt werden. Daß es in den vergangenen Wochen zu Verzögerungen bei den Schraffierungsarbeiten gekommen sei, liege zum Teil am schlechten Wetter, zum Teil an Schwierigkeiten der Markierungsfirma.

Bis zum Mai sollen nun die noch ausstehenden Malerarbeitenerledigt werden. Die nächsten kleinen Volksaufstände lassen sich dabei örtlich schon eingrenzen. Dieses Mal wird es am Buntentor, in der Langemarckstraße, in der Horner Heerstraße und in der Hamburger Straße hoch hergehen. Für das Stadtamt ist dies jedoch kein Grund, zurückzuschrecken. Wunderlich: „Die Maßnahmen werden zu Ende geführt.“ hbk