Hat es die PVAP jemals gegeben?

Die Auferstehung der Kommunistischen Partei Polens als Wirtschaftskonzern/ Vom politischen Establishment in den wirtschaftlichen Untergrund/ Juristenstreit um den Status der Organisation  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

Es sind nur ein paar unscheinbare, stillos eingerichtete Büroräume in der Warschauer Innenstadt. Doch von hier aus wird ein kleines Wirtschaftsimperium gelenkt, das es nach dem Willen zahlreicher polnischer Abgeordneten, Publizisten und Politiker gar nicht geben dürfte. Denn die „Transakcja GmbH“, die hier ihre Zentrale hat, ist eine Art Tarnfirma der vor einem Jahr aufgelösten Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP), der alten KP des Landes. Politisch existiert sie zwar nicht mehr, doch wirtschaftlich ist sie immer noch ein nicht unbedeutender Machtfaktor. Und als solche kann sie auf eine kurze, aber bewegte Geschichte zurückblicken.

Am 17. Oktober 1989, vor kaum eineinhalb Jahren, verkündete der damalige Sekretär des PVAP- Zentralkomitees, Zygmunt Czarzasty, die Partei müsse ihre „wirtschaftliche Tätigkeit ausweiten und vertiefen“. Den Grund für den Beschluß verriet damals ein anderer ZK-Sekretär der taz unter der Hand: Die Partei treibe aufgrund ihrer hohen Verschuldung der Pleite zu. Außerdem war die PVAP schon damals in einem Zustand fortschreitender Zersetzung. Die Erschließung neuer Einkommensquellen, so Czarzasty in der Anweisung weiter, müsse sich allerdings auf die staatliche Wirtschaft beschränken — zwangsläufig, denn wer investiert schon gerne in eine zerfallende Partei? Im staatlichen Sektor konnten die Wirtschaftsexperten der Partei zudem auf Bündnispartner hoffen. Und bald schon wurde die PVAP in zahlreichen gutgehenden Staatsbetrieben Anteilseigner. Den Vogel schoß dabei die Transakcja ab.

Die wurde schon 1988 Miteigentümer des riesigen Staatskonzernes Iglopol, der damals in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. 15 Prozent der Iglopol-Aktien gingen ohne öffentliche Ausschreibung an die Transakcja. Die aber gehörte damals der „Arbeiterverlagsgenossenschaft“ (RSW), dem Pressekonzern der PVAP. Der wurde dafür bald darauf von der Regierung Mazowiecki aufgelöst, die PVAP löste sich noch zuvor selbst auf.

Da dieser Prozeß vorraussehbar war, traf die Partei Vorsorge: Zu Jahresende 1989 gründete die Transakcja in allen Wojewodschaftsstädten Polens kleinere Tochterfirmen, „hauptsächlich mit den Wojewodschaftskomitees der Partei“, wie es in einem internen Bericht der Firma heißt. Und als sich die PVAP schließlich auflöste, vermachte sie der „Sozialdemokratie der Republik Polen“ noch schnell ihr Vermögen, sprich die Anteile an diesen Firmen. Zugleich wurden zahlreiche einst führende Parteigenossen persönliche Gesellschafter der Firmen.

Sie begannen nun, für Staatsunternehmen Dienstleistungen und seltsame Barter-(Tausch-)Geschäfte mit der Sowjetunion zu betreiben. So lieferte sie 1989 nach und nach einer grusinischen Firma namens „Sameba“ achzig Computer der Marke IBM AT und XT und erhielt dafür mehrere zehntausend Flaschen sowjetischen Brandy und Wein, den sie im Land gewinnbringend verkaufte.

Der Respekt vor den Genossen von einst war in einigen Behörden immer noch groß genug, daß die Firma dabei auch noch weitgehend von der Umsatzsteuer befreit wurde — widerrechtlich, wie inzwischen der Oberste Rechnungshof feststellte.

Ganz nebenbei verstieß der Handel mit Alkohol auch noch gegen das staatliche Alkoholmonopol, weshalb sich eine Untersuchungskomission des Sejm im Rahmen einer landesweiten Alkoholschmuggelaffäre auch mit der Transakcja beschäftigt. Im Jahr 1989 brachte dieser Handel der Firma immerhin 2,3 Milliarden Zloty ein, etwa 350.000 Dollar, von denen knapp 200.000 Dollar als Gewinn zurückblieben.

Auch die Mesa GmbH in Danzig erregte öffentliches Interesse. Sie wurde aufgrund des gleichen ZK- Beschlusses gegründet und residiert auch noch im ehemaligen Wojewodschaftskomitee der PVAP. Mesa wurde unmittelbar nach ihrer Gründung erst einmal Anteilseigner zahlreicher Firmen der Stadt, berichtete der 'Tygodnik Gdanski‘. Inzwischen geht es der Mesa GmbH allerdings an den Kragen. Als die Sozialdemokratie die Anteile der PVAP übernehmen wollte, legte sich das Handelsgericht quer. „Die Sozialdemokratie kann nicht Rechtsnachfolger der PVAP werden, weil die PVAP nie eine eigene Rechtspersönlichkeit besaß und folglich auch keine Firmen gründen konnte. Daher ist die Gründung der Mesa GmbH nichtig und die Firma aus dem Handelsregister zu streichen“, verkündete das Handelsgericht Danzig lapidar. Nicht ohne Logik: Im rechtlichen Sinne hat die PVAP tatsächlich nie existiert, weil die gesetzliche Grundlage fehlte — eine Tatsache, die inzwischen auch einigen Töchtern der Transakcja zum Verhängnis wurde.

Der Transakcja selbst bleibt dieses Los einstweilen noch erspart, auch wenn sie sich inzwischen gezwungen sah, ihre Eigentümerstruktur den neuesten politischen Ereignissen anzupassen. Kaum tauchte im Sejm der Plan auf, den Parteipressekonzern RSW aufzulösen, da verkaufte dieser seinen Anteil an der Transakcja auch schon an die Sozialdemokratie. Und die Parteiakademie für Sozialwissenschaften hat ihren Anteil bereits einer „Gesellschaft der Freunde der Parteiakademie“ vermacht.

Unklar ist allerdings, ob das etwas hilft, denn vor zwei Monaten verabschiedete der Sejm das Gesetz über die Enteignung des Vermögens der PVAP — und die war 1989 noch Eigentümerin von 148 der 150 Aktien der Transakcja und von 100 Prozent der Anteile an der Mesa. Und der Oberste Rechnungshof ermittelt bereits im Falle der Transkom PKS, einer Gemeinschaftsfirma der Transakcja mit den staatlichen Autobuslinien, in deren Rahmen die Transakcja größere Gewinne mit Scheingeschäften gemacht haben soll.