Japan und Südkorea: Zaghafte Annäherung

 ■ Aus Tokio Georg Blume

Vergeblich bemühte sich der japanische Premierminister Toshiki Kaifu am Mittwoch und Donnerstag bei seinem ersten Besuch in Seoul um historischen Glanz. Er verbrannte Weihrauch für die koreanischen Opfer des Zweiten Weltkriegs, er sprach von den Lektionen der Vergangenheit und der in Korea unvergessenen japanischen Kolonialherrschaft. Er forderte sein eigenes Volk auf, mehr Verständnis für die koreanische Kultur und Geschichte zu zeigen. All das hatte keiner seiner Vorgänger nach dem Zweiten Weltkrieg je gewagt. Noch vor wenigen Jahren hätte ein japanischer Regierungschef damit die gesamte asiatische Öffentlichkeit erregt. Doch Toshiki Kaifu kam zu spät, um in Seoul mehr als höfliche Beachtung für seine gut gemeinten Gesten zu finden. Japaner und Koreaner haben die Versöhnung nach dem Krieg versäumt. Nur mit Mühe gelingt es den Regierungen beider Nachbarländer, gegenseitiges Vertrauen zu zeigen. In Seoul aber unternahmen sie gestern einen wichtigen gemeinsamen Schritt heraus aus der Vergangenheit.

Koreanischen Einwohnern in Japan, so verfügten Kaifu und Sükoreas Präsident Roh Tae Woo gestern in Seoul, soll künftig ein Stück mehr Freiheit und Menschenwürde erteilt werden. Mit der Unterschrift ihrer Außenminister willigten die Regierungen Südkoreas und Japan in ein Abkommen ein, das den in Japan lebenden Koreanern ein großzügigeres Einwohner- und Melderecht, neue Berufschancen im öffentlichen Dienst und das Recht auf die Verbreitung ihrer eigenen Kultur verspricht. Kaifu und Roh legten damit einen Regierungsstreit bei, der das bilaterale Verhältnis seit Jahrzehnten schwer belastete.

Das Abkommen betrifft auch den Fingerabdruck, den die etwa 600.000 zum Teil seit Generationen in Japan lebenden Koreaner wie jeder andere Ausländer zum Erlangen ihrer Aufenthaltsberechtigung abgeben müssen. Eben auf diesen Fingerabdruck, so einigten sich Kaifu und Roh in Seoul, soll innerhalb von zwei Jahren verzichtet werden. Ein neues japanisches Einwohner- und Meldegesetz verspricht dann weitere Erleichterungen, ohne jedoch die japanische Staatbürgerschaft für Koreaner in Aussicht zu stellen. Kaifu und Roh haben damit einen Kompromiß gefunden, der den Regierungen hilft, aber im Leben keiner ist. Denn in Japans Schulen und Fabriken wird sich an der Benachteiligung der Koreaner, die in Japan traditionell als „Untermenschen“ behandelt wurden, nichts ändern. Auch hier kommen die Maßnahmen zu spät.