Mit den Tränen kamen die Tunten

■ BeV StroganoV exponiert Bilder und Objekte

I am tired of being only a queen, I want to be a human being. — Immer schrill, immer Tunte sein kann ein anstrengender Job werden. Sich immer wieder neu inszenieren. BeV StroganoV, die Modemacherin aus der Monumentenstraße, hat alles durch, und das ist auch das Thema ihrer ersten Ausstellung mit Bildern und Objekten. ... dann mach' ich es mir eben selbst ist der Titel — die De- Inszenierung der BeV StroganoV in Form einer weiteren Inszenierung, welche uns zeigen soll, wie wir »den Weg finden in dieser gräßlichen Gebrauchskultur« und der »totalen Warenverfügbarkeit«, was wir wiederum gleich schriftlich bekommen.

Auch BeV, der »Star, der es ernst mit Ihnen meint«, die Theologiestudentin, Künstlerin, Modemacherin, die Tuntenensemblistin, meint es so mit sich, nimmt sich jetzt ihre persönliche Wende, und alle sollen es wissen. Das ist meine Welt, und sonst mach' ich's mir eben selbst. Und die Walter-Sedlmayr-Ikone mit Trauerschleife, der Schwengel als Starschnitt weisen den Weg.

Eine Tafel zeigt Die Entwicklung der Menschheit anhand eines Fallbeispiels, ein Schaubild wie aus dem Erdkundeunterricht, eine Tabelle der Verwandlungen der BeV nebst ihrer jeweiligen Zufriedenheitsgrade. Vom Paradiesvogel (1985) geht es immer nur abwärts über den Komiker (1988), den Alten Showhasen, der das SchwuZ verläßt und den Drugstore aufmacht, die Ambitionierte Helferin, die Geile Sau, die Copy-Maus (»Suche neues Loch«) bis zum Armen schwarzen Kater des Jahreswechsels 1990/91. Alles zusammen: Ladies Neid, Act-Up, Ledertreffen, 175er-Demo, Hepatitis. Die blonden Starfotoposen sind fotokopiert und übermalt, die Aufstellung der Liebhaber ist schonungslos banal und unromantisch. Die Collage mit Auszügen aus dem Taschenkalender, dem Kreuzworträtsel mit der Frage nach einer »gefährlichen Infektionskrankheit« mit vier Buchstaben, der Traueranzeige des toten Freundes rührt so an, daß eine Packung Tempos darunter geklebt ist.

»Ich bin immer nur sicher, ich halte das nicht mehr aus«, steht auf einem Bild. Im schwarz verhangenen Trauerraum der Ausstellung hockt sie da auf einem Bild und zeigt die verbundenen Pulsadern vor.

Die ewige Frage »Aus welchen Quellen speist der Erfolgsmensch seine Kraft?« beantwortet BeV als Comicfigur: »Küsse und Karriere.« Doch letztere stellt BeV mit ihren vorgelegten und in die Öffentlichkeit verlegten Midlife-Kritzeleien erst mal in Frage, eine Tunte macht sich Gedanken übers Tuntendasein. Stiftet die Mode nun Identität, oder geht diese beim Modemachen stiften? Wo bleibt das Innenleben bei aller Inszenierung?

Am Rande stehen Überreste und Auswüchse der Ich-Kollerei: der Natursekt BeV Cliqueaux und das Parfüm Püüh aus der »New Collection BeV Light«, ein therapeutischer Duft für Männer. Präsentiert in einem Knusperhaus von Playmobil. Die Liebhaberpreise der Bilder bewegen sich zwischen 150 und 500 Mark. kotte

... dann mach' ich es mir eben selbst bis zum 30. Januar in der Galerie Loulou Lasard, Crellestraße 42a, Berlin 62.