Siegfried in Potsdam

■ Der Leipziger Uwe Kowski zeigt seine Arbeiten in der Potsdamer Galerie Trapez

Die seit einem Jahr auf einem Dachboden in Potsdam existierende Galerie Trapez zeigt Arbeiten des Leipzigers Uwe Kowski. Innerhalb der jüngsten Malergeneration gehört er zu den wenigen, die bereits einen eigenständigen Umgang mit der Farbe erkennen lassen. Obwohl er erst 1989 sein Malereistudium bei Bernhard Heisig abschloß, ist er schon heute dem didaktischen Farbschlick der Hochschule weitestgehend entwachsen. Für Kowski (Jahrgang 1963) ist dies seine erste Personalausstellung. Die hier gezeigten großformatigen Ölbilder sowie die der Unternehmung ihren Namen gebenden Installation Stauraum entstanden im vergangenen Jahr. Das Nibelungenlied oder auch die Anlehnung an Formen mittelalterlicher Tafelmalerei bildeten für ihn während dieser Zeit typische Themenkreise. So konfrontiert er den Betrachter mit strauchelnden Siegfried-Gestalten, mit Bildformen, die an Passionsdarstellungen erinnern. Letzteres steht sicherlich im engen Kontext zur derzeit eigenen Orientierungssuche Kowskis. Der aus germanischen Heldensagen überkommene Stoff des Nibelungenepos dagegen war für ihn Anlaß, die Frage, durch welche tradierten Übereinkünfte jemand »zum Helden gemacht« wird, für sich zu klären. So zeigt er den als Helden benannten Siegfried verstrippt in ein Panzernetz, welches nach Kowskis Aussage »eher einem von innen nach außen projizierten Gerüst gleicht«, das keinerlei Schutz bietet, vielmehr behindert und umstrickt. Die innere Ambivalenz der Figur erscheint hier plötzlich als schlingernde, instabile Umhüllung und ist so eine gleichzeitige Bloßstellung des einseitigen Wertekanons für Held und Heldentum. Neben den Ölbildern stellt sich der Leipziger mit drei sehr großen Temperazeichnungen auf Papier vor. Unmittelbar während des Ausstellungsausbaus kam ihm die Idee, diese jeweils auf schmalen Holzrahmen zu befestigen, um sie dann zu einem auf dem Boden stehenden Triptychon zu gruppieren. In den verhalten-farbigen Temperablättern baut Kowski weder Räume, noch kümmert er sich um szenisches Brimborium. Einzelne Kreaturen, zumeist Tiere der verschiedensten Arten, werden von ihm übergroß ins Format gesetzt. Die die Form grob umreißenden Farbschlieren lassen die Schnelligkeit der Pinselführung ahnen; und doch gelingt es Uwe Kowski, seine skizzenhaft offenen Pinselzeichnungen mit wenigen benennenden Linienspuren über den bloßen Studiencharakter hinauszutreiben. Derartige Arbeiten entstehen mit dem Interesse, die große, wenig detaillierte Form möglichst schnell zu erfassen.

Kowskis Stauraum — sein Kopf, die Galerie, die Stadt, das Land etc. — hat seinen Ursprung in zunächst drei mit Kerzenruß geschwärzten Metallplatten, die seit etwa einem halben Jahr im Leipziger Atelier herumstanden, sowie in der Erinnerung, bereits als Kind auf diese Weise eine Kellerdecke geschwärzt zu haben. Hierbei entstanden einfachste Figurenchiffren, die, nach Aussage des Malers, ihn an Henry Moors Kohlezeichnungen zu den in U-Bahn- Schächten Eingeschlossenen denken ließen. In Potsdam arbeitet Kowski mit je zwei übereinander montierten Platten, die er zu einem Sechserblock zusammenstellt und diesen durch zwei ihn altarflügelähnlich flankierende Viererblöcke ergänzt. Wie an der Kellerdecke finden sich auch hier auf wenige Linien reduzierte, meist nicht zu identifizierende Wesen, die dem Schwarz-Grau der rußfarbenen Flächen vergeblich zu entfliehen suchen. Die Entscheidung über die Art des Ventils, welches die vermeintlich ausweglose Situation der hier Eingeschlossenen entschärfen könnte, läßt Kowski offen.

Wer mit Zeit und Ruhe in die Galerie Trapez kommt, würde im Anschluß dem Maler wahrscheinlich gern einige Fragen stellen; mehr kann ein Solodebüt im Strudel derartiger Beliebigkeit kaum erreichen. Liane Burkhardt

Die Ausstellung ist noch bis zum 3. Februar in der Galerie Trapez, Wilhelm-Pieck-Straße 27, 1560 Potsdam zu sehen. Öffnungszeiten: Do. bis So. von 14 bis 19 Uhr.