Bombe macht's möglich: Betriebsausflug für Knast

■ Blindgänger entschärft / Keiner auf der Flucht / Während der Evakuierung: Skatturnier mit anonymen Preisen

Einen Betriebsausflug besonderer Art arrangierten Justiz-und Innenbehörde am Samstag für knapp 300 Knastis der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen. Mit komfortablen Einzelkabinenbussen ging es morgens um acht hinaus ins Blockland, in die benachbarte Jugendvollzugs-und Kurzstrafenanstalt. Dort vergnügten sich die Oslebshausener den Tag über bei Bohneneintopf und Backwaren.

Der besondere Clou war ein Skatturnier mit Preisen, deren Sponsoren ungenannt bleiben wollen. Auf allgemeinen Wunsch war man rechtzeitig zu Beginn der Sportschau wieder hinter den heimischen Gittern.

Auslöser für die Spritztour ins Grüne war ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg. Bremens Sprengmeister Harry Warrelmann hatte sie bei einer Routineüberprüfung des Geländes hinter der JVA Oslebshausen, wo ein Sportplatz entstehen soll, Anfang letzter Woche geortet. Bevor sich der nervenstarke Spezialist am Samstag um Punkt 15.05 Uhr ans Entschärfen der amerikanischen Fünf-Zentner-Bombe machte, mußte das ganze Gebiet im Umkreis von 1000 Metern evakuiert werden. Privatpersonen konnten sich den Nachmittag in Schulen, Turnhallen und im Bürgerzentrum vertreiben, Kranke fanden vorübergehend Aufnahme im Diakonissen-Krankenhaus.

Für Warrelmann ein Routinefall: in 45 Minuten hatte er beide Zünder entschärft und alle konnten aufatmen. Die Bremer Behörden sahen sich jedoch vor eine völlig neue, nicht undelikate Aufgabe gestellt: 289 Gefangene, darunter Bremens prominentester U-Häftling Aribert Galla, mußten evakuiert und — vollzählig — wieder zurückgebracht werden.

Ein bisher einmaliger Vorgang, der von der Presse mit großem Interesse und der klammheimlichen Hoffnung auf eine Sensation verfolgt wurde. Doch Ausreißer hatten keine Chance: Justiz-und Innenbehörde hatten in viertägigen Dauerkonferenzen einen generalstabsmäßigen Plan auf die Beine gestellt, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Sogar für den Fall, daß die Bombe geplatzt wäre und einen Teil der JVA gesprengt hätte, war Vorsorge getroffen worden. Das Technische Hilfswerk hielt Notbetten und Transportkapazität bereit.

Im 30-Minuten-Takt rollten die vier dunkelgrünen Einzelzellenbusse von Oslebshausen ins Blockland. An jeder Kreuzung standen Polizeiwagen. Den Knackis blieb nur ein feixender Blick aus schmalem Fensterschlitz auf das Polizei-und Medienaufgebot. Aber immerhin: die Sonne schien, die Verpflegung war besser als sonst und der Soziale Dienst sorgte für Spielchen, damit niemand auf dumme Gedanken kam. Alles in allem eine willkommene Abwechslung im Knastalltag. Gegen 17.30 konnte Pressesprecher Günter Hartwig Entwarnung auf allen Ebenen geben: Bombe entschärft, alle Knackis wieder sicher verwahrt. asp