Der Feind ist jetzt die Weltzerstörung

■ Die Friedensbewegung muß sich auf einen langen Konflikt einstellen GASTKOMMENTAR

Das Jahr 1991 ist nicht das Jahr 1938. Diese Wahrheit wollen die Befürworter der bewaffneten Aktionen gegen den Aggressor Hussein nicht einsehen. Gegen Hitler hatte der Einsatz von Gewaltmitteln noch einen politischen Sinn. Heute dagegen unter keinen Umständen mehr. Denn in dem seither verstrichenen halben Jahrhundert hat die Technik der Zerstörung nicht nur einen, sondern mehrere gewaltige Sprünge hin zum Abgrund des totalen Untergangs gemacht. Tausende von hochqualifizierten Forschern haben in ihren mit enormen Mitteln ausgestatteten Laboratorien neue Waffen entwickelt, die nie wiedergutzumachende Schäden an der biologischen und ökologischen Substanz der Menschheit und ihrer Umwelt verursachen müßten. Die allerneueste „Generation“ von atomaren Sprengköpfen, deren potentester den Kodenamen W 88 trägt, ist viele Tausende Male stärker als die Bomben von Hiroshima und Nagasaki, ihre Nachwirkungen wären noch Generationen lang zu verspüren. Wir stehen jetzt erst am Anfang der seit langem erwarteten direkten Auseinandersetzungen zwischen der Welt der Besitzlosen und der Welt der Besitzenden. Sollte das so heiß erwartete Wunder eintreffen und die Golfkrise ohne blutige Auseinandersetzungen an uns erst einmal vorbeigehen, so stehen uns dennoch weitere unvermeidliche Krisen bevor. Sie sind nur mit Geduld, politischer Phantasie und einer verständnisvollen Haltung gegenüber den Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika zu lösen, nicht mit den überlieferten kolonialistischen Gewaltmethoden. Die Friedensbewegung sollte sich so lange nicht zurückziehen, wie diese Konfliktsituationen andauern. Robert Jungk

Der Autor lebt in Salzburg, ist Zukunftsforscher und Publizist.