Perez traf Saddam Hussein in Bagdad

■ Friedensbemühungen in letzter Minute/ Keine Einzelheiten bekannt/ Harte Worte Saddams/ Arafat fordert mehr Zeit für den Frieden/ Irakische Führung beruft für heute Nationalversammlung ein

Bagdad (ap/dpa/afp) — Unter dem Zeitdruck des am Dienstag ablaufenden Ultimatums gegen den Irak ist UNO-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar am Sonntag in Bagdad zu einem letzten Versuch der Friedensrettung mit Staatschef Saddam Hussein zusammengetroffen. Perez wurde zu Beginn seiner weltweit von großen Hoffnungen begleiteten Friedensmission am Samstag nachmittag vom irakischen Außenminister Tarik Asis auf dem Flughafen von Bagdad begrüßt. Er kündigte an, mit Saddam Hussein über alle Probleme im Nahen Osten und am Persischen Golf zu sprechen, auch über die irakische Forderung nach einer Einbeziehung der Palästina-Frage in den Kuwait- Konflikt. Der 69jährige peruanische Diplomat erklärte, ein Scheitern seiner Mission müsse nicht notwendigerweise ein Ende für die diplomatischen Bemühungen um eine friedliche Lösung des Konflikts bedeuten. Zuvor hatte Perez bei einem Aufenthalt in Jordanien Berichte zurückgewiesen, nach denen er mit einem neuen Friedensplan im Gepäck nach Bagdad reise.

Nach zunächst widersprüchlichen Meldungen über den Beginn der Gespräche traf Perez offenbar erst am späten Nachmittag mit Saddam Hussein zusammen. Einzelheiten des Gesprächs, das offenbar nicht sehr lange dauerte, wurden zunächst nicht bekannt. Anschließend begab sich Perez direkt zum Flughafen.

Während der Begegnung wurde im irakischen Rundfunk eine Erklärung Saddams verlesen, in der sich der irakische Diktator erneut unnachgiebig zeigte. „Die 19. Provinz wird Teil des Irak bleiben“, erklärte er unter Anspielung auf Kuwait. Die „gläubige irakische Armee“ sei bereit, ihr Land und die Ehre der arabischen Nation zu verteidigen. In einer Rundfunkbotschaft wies er auch den Aufruf des syrischen Staatschefs Hafis el-Assad zurück, der ihn am Vortag aufgefordert hatte, seine Truppen gemäß dem UNO-Ultimatum aus Kuwait zurückzuziehen.

Zuvor hatte Perez die Lage mit dem Vorsitzenden der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Jassir Arafat, erörtert. Dieser sagte anschließend, er sei überrascht, daß der US-Kongreß zur gleichen Zeit für den Krieg gestimmt habe, in der sich Perez de Cuellar in Bagdad noch um letzte Friedensmöglichkeiten bemüht habe. Arafat appellierte an die internationale Staatengemeinschaft, die Bemühungen für die Wahrung des Friedens fortzusetzen. Ein Krieg am Golf werde für die gesamte Region zerstörerisch sein.

Die irakische Führung berief unterdessen die 250 Mitglieder des Nationalrats für Montag, einen Tag vor Ablauf des UN-Ultimatums, zu einer Sondersitzung ein. Über die Tagesordnung der außerordentlichen Sitzung wurde zunächst nichts bekannt. Politische Beobachter vermuteten jedoch, daß die Führung vom Parlament eine wichtige Entscheidung billigen lassen will.

Das irakische Parlament hatte sich seit dem Beginn der Golfkrise stets den Vorschlägen von Präsident Saddam Hussein gebeugt. Bis zum Wochenende ließ Bagdad keinerlei Anzeichen für ein Nachgeben erkennen. Die nationale Presse richtete wie gewöhnlich scharfe Drohungen an die USA und ihre Verbündeten. Sollte der irakische Diktator in letzter Minute doch noch einlenken, könnte die Nationalversammlung dem Staatschef als Feigenblatt dienen, hinter dem er einen Kurswechsel verstecken könnte. In Bagdad kursieren zudem seit längerem Gerüchte, es könne zu vorbereiteten „spontanen“ Demonstrationen kommen, bei denen die Führung zum Frieden animiert wird. Am Wochenende meldete Radio Bagdad auch den Beginn eines Friedensmarsches von Jordanien in den Irak. Zwar war völlig unklar, wie viele Menschen sich daran beteiligten, aber sie sollten an einem „Aufruf zum Frieden“ im Irak teilnehmen.

Die Spekulationen gehen auch in den Medien weiter. Nach Angaben der 'New York Times‘ will Saddam sich ein oder zwei Tage nach dem 15.Januar grundsätzlich zu einem Rückzug aus Kuwait bereit erklären. Er werde zugleich eine Nichtangriffsgarantie und eine Nahost-Konferenz fordern, auf der die Palästinenserfrage angesprochen werden solle.