Bürgermeister von Riga sucht Hilfe in Bremen

■ Deutsch-Sowjetische Gesellschaft und Grüne versprechen Unterstützung

“Wenn die Welt das zuläßt, was jetzt im Baltikum geschieht, dann wird es das Ende der Demokratie bei uns sein“, warnt Andris Barkans. Barkans ist Bürgermeister der Bremer Partnerstadt Riga und zu einem länger verabredeten Besuch in Bremen. Gestern eröffnete Barkans die Fotoausstellung über Riga (s.links) und heute soll ein Rahmenabkommen zur Partnerschaft zwischen Bremen und der lettischen Hauptstadt unterschrieben werden. Barkans Bitte an die Bremer Öffentlichkeit: „Helfen sie uns, damit sich das Jahr 1940 nicht ein zweites Mal wiederholt.“

Die Deutsch-Sowjetische Gesellschaft in Bremen versprach daraufhin „Solidarität mit den demokratischen Kräften“ in Riga. So soll zum Beispiel ein Protesttelegramm über die sowjetische Botschaft in Bonn nach Moskau geschickt werden. Konrad Kunick, Senator und Vorstand der Deutsch-Sowjetischen Gesellschaft: „Wir sind auf der Seite derer, die sich von der Unterdrückung von oben befreien wollen.“ Die Rückkehr zu stalinistischen Methoden dürfe nicht einfach hingenommen werden.

In Riga ist man derweil auf der Hut. Nachdem die sowjetische Armee in der Nacht zum Sonntag das Radio-und Fernsehzentrum von Vilnius gestürmt hat, befürchten die Bewohner der Stadt hier ähnliche Aktionen. Um sich vor einem möglichen Angriff des Militärs zu schützen, wurden Menschenbarrikaden um die wichtigsten Gebäude, wie den Sitz des Obersten Sowjets, die Post und die Funk —und Fernsehanstalt, errichtet. Bisher verhalten sich die sowjetischen Einheiten, die auch in Riga eingetroffen sind, noch ruhig.

Nach Meinung von Barkans ist ein Militärputsch dennoch nicht ausgeschlossen. „Die Militäraktionen im Baltikum sind schon seit langem geplant“, kommentiert er, „und jetzt wo die ganze Welt mit dem Golfkrieg beschäftigt ist, war die günstigste Situation damit zu beginnen.“

Bereits seit dem 21. September hätten „irgendwelche Chaoten“ etliche Explosionen und Unruhe in der Stadt organisiert, erzählt Barkans von der gegenwärtigen Lage in seiner Heimat. „Das dient jetzt als Vorwand für das harte Eingreifen der Sowjets.“ Die Bevölkerung aber, das habe sich in den letzten Tagen wiederholt gezeigt, stehe hinter ihrer Regierung, obwohl Anfang Januar Preiserhöhungen beschlossen worden waren. Erst vor zwei Tagen demonstrierten 200.000 Menschen in der hoffnungsvoll überfüllten Innenstadt gegen die Zentralmacht.

Das Rahmenprogramm für die Partnerschaft, das heute unterschrieben wird, wurde verabredet, als von einem Eingreifen der Truppen in der lettischen Hauptstadt noch keine Rede war. Es sieht u.a, die Bildung einer gemeinsamen Wirtschaftskommision vor, die Riga bei der Bewältigung anstehender Probleme helfen soll. Außerdem ist geplant Verwaltungsschüler aus verschiedenen Bereichen nach Bremen einzuladen, um sie hier auszubilden.

Unterdessen ist es noch unklar, ob eine Delegation der Bremischen Bürgerschaft nach Riga fährt. Das hatte der Landesverband der Grünen am Sonntag gefordert. Während die Grünen bereits Teilnehmer benannten, wollen die anderen Fraktionen erst heute Gespräche über eine solche Reise führen. Birgit Ziegenhagen