Nein!

■ Zur Logik des Krieges KOMMENTARE

Wenn Politiker, die nicht als Fundamentalisten bekannt sind, beginnen, sich in Fragen von Krieg und Frieden an Gott zu wenden, dann ist das ein deutliches Signal dafür, daß die Katastrophe in greifbare Nähe rückt. Eine deprimierendere Äußerung als die von UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar nach seinen Gesprächen in Bagdad, nur der liebe Gott wisse, ob es am Golf Frieden oder Krieg geben werde, ist wohl kaum vorstellbar. Doch es gibt keinerlei Grund, sich jetzt der vorgeblichen Zwangsläufigkeit der Ereignisse zu fügen, denn das hieße, vor der Logik des Krieges zu kapitulieren. Der Krieg müßte nicht unvermeidlich sein, selbst jetzt nicht, wo sämtliche Vermittlungsversuche gescheitert sind.

In den Stunden, bis das UNO-Ultimatum nach amerikanischer Zeitrechnung morgen früh um sechs Uhr ausläuft, kann sich Saddam Hussein weltweiter Aufmerksamkeit gewiß sein: Lenkt er ein, lenkt er nicht ein? An ihm scheint es nun zu liegen, ob es zu einem Golfkrieg und in dessen Verlängerung zu einem neuen Nahostkrieg kommt. Die unvorstellbaren Konsequenzen eines Waffengangs am Golf sind allesamt vielfach benannt worden, die politische Alternative, ein internationales Embargo gegen Irak, ebenfalls — eine Alternative, die bereits ad acta gelegt wurde, als Bush im November die US-Truppen am Golf verdoppelte, ehe sie überhaupt ihre volle Wirkung entfalten konnte. Doch jenseits von Szenarien und konkreten Kriegsvorbereitungen ist es erschreckend, wie sehr der drohenden Katastrophe geradezu entgegengefiebert wird: „Warten auf D-Day“, wie es einer der Möchtegern-Frontberichterstatter bei den US- Truppen in Saudi-Arabien formulierte.

Wenn nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation und des Kalten Krieges nun ein heißer droht, dann auch deshalb, weil die herrschenden Machtzentralen nicht willens sind, sich vom alten Denken zu verabschieden, einem Denken, dessen immanenter Bestandteil die Logik des Krieges ist. Angesichts der Existenz von ausgefeilten chemischen, biologischen und atomaren Waffen ist ein Krieg heute nur um den Preis eines bislang ungekannten Ausmaßes von Vernichtung und Zerstörung machbar und eben deshalb nicht mehr denkbar. Doch gerade in einer solchen Zeit muß es den Herrschenden darum gehen, ihre menschenverachtende Logik in die Köpfe zu verpflanzen. So könnten diese Strategen selbst dann einen Erfolg verzeichnen, wenn es nicht zur Katastrophe kommt. Zur Logik des Krieges gehört eben auch die Logik von Drohung und Bedrohung, die Einsicht in die Notwendigkeit von Militärapparaten, Rüstung und Aufrüstung, Waffenproduktion und -export, die technologische Weiterentwicklung der mörderischen Waffensysteme und das Einrichten in dieser (Gedanken-) Welt. Deshalb: Nein zum Krieg! Kein Krieg am Golf und im Nahen Osten! Beate Seel