Zehn Mark für die deutsche Einheit?

München (taz) — Auch der CSU- Vorstand hat sich auf seiner Sitzung zunächst mit der Golfkrise befaßt, bevor über das Thema Koalitionsverhandlungen gesprochen wurde, erklärte gestern CSU-Chef Theo Waigel in der Münchner Parteizentrale. Der CSU-Finanzminister ließ durchblicken, daß, egal wie sich die Dinge am Golf entwickeln, mit „finanziellen Auswirkungen“ zu rechnen sei. Um den Eindruck zu vertuschen, die Bundesbürger würden für die deutsche Einheit doch noch kräftig zur Kasse gebeten, präsentierte Waigel ein Zahlenspiel. Nach dieser Rechnung kostet die deutsche Einheit den deutschen „Durchschnittsverdiener“ mit einem monatlichen Bruttoverdienst von 3.500 Mark lediglich zehn Mark. Auf diese „Nettobelastung für die deutsche Einheit“ kommt Waigel, indem er 26 Mark für die zusätzlichen Sozialabgaben nach der Erhöhung der Arbeitslosenbeiträge berechnet — die Senkung der Rentenversicherung auf minus ein Prozent wurde davon bereits abgezogen. Er geht des weiteren davon aus, daß die Telefonrechnung der Durchschnittsfamilie durch die geplante Gebührenerhöhung von 70 auf 74 Mark steigt. Dem gegenüber stehe jedoch ein „einigungsbedingtes Wirtschaftswachstum“ von 4,6 Prozent, das angeblich zu einer Lohnerhöhung von einem Prozent, sprich: für den „Durchschnittsverdiener“ zwanzig Mark, führt. „Zehn Mark für die Wiedervereinigung ist ein Preis, der nicht überhöht ist“, verkündete Waigel danach stolz.

Zum Streitpunkt Niedrigsteuergebiet betonte zwar der Finanzminister mehrmals, daß zwei verschiedene Steuertarife falsch seien, wollte sich aber auch nicht ausdrücklich darauf festlegen, daß diese FDP- Forderung auf gar keinen Fall Realität wird. Überraschend dagegen war die Forderung der CSU nach einem Staatsminister der Union im Auswärtigen Amt. Dieser sei jedoch nicht als „Aufpasser“ für Außenminister Genscher gedacht. Daß die CSU beim Mietrecht jetzt von ihrer Forderung, die Kappungsgrenze auf 20 Prozent zu erhöhen, abweicht und nur noch 15 Prozent verlangt, gab Waigel zu. lui