Lateinamerika in Angst vor Ölpreisexplosion

■ Ein Krieg am Golf würde die armen Länder Mittelamerikas wirtschaftlich endgültig ruinieren/ Schon jetzt wird Energie gespart

Mexiko-Stadt (dpa) — In Mittelamerika geht die Angst vor einem bewaffneten Konflikt am Persischen Golf um, der katastrophale Auswirkungen auf die wirtschaftlich ohnehin am Boden liegenden Länder hätte und der die ärmsten der Armen besonders heftig treffen würde. Zahlreiche Regierungen haben bereits Pläne angekündigt, die vor allem darauf abzielen, das kostbare Öl zu sparen. Die Pläne haben vielerorts direkte Auswirkungen auf das tägliche Leben: Autos müssen stehenbleiben, Uhren werden vorgestellt.

Die Staaten Mittelamerikas sind abhängig von der Öleinfuhr. Zwar garantieren die beiden Erdölexporteure Mexiko und Venezuela der Region die Versorgung. Doch können diese Lieferungen zu Marktpreisen die Energiekosten nicht in einem erträglichen Rahmen halten. Die Folge: In Honduras beispielsweise stieg der Benzinpreis allein im Oktober um 50 Prozent. In Costa Rica müssen AutofahrerInnen an den Zapfsäulen inzwischen 40 Prozent mehr bezahlen als im Juli 1990. In Nicaragua, dessen Ölreserven für 45 Tage reichen, erhöhte sich der Preis um 22 Prozent.

Sollte es am Golf tatsächlich zum Krieg kommen, würde sich die Situation noch verschlimmern, weil die Ölpreise dann weiter emporschießen würden. Nach Schätzungen der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) könnte ein Barrel Öl (ein Barrel = 159 Liter) dann leicht über 50 Dollar kosten.

In Honduras sind sich Regierung, Unternehmer- und Arbeiterorganisationen einig, daß ein solcher Preis nicht mehr bezahlt werden könnte. Eine unkontrollierbare Inflation wäre die Folge. Um das Schlimmste zu verhüten, hat die Regierung in Tegucigalpa die zehnprozentige Reduzierung der Abgabe vorhandenen Öls angeordnet. Von dieser Woche an stehen 25 Prozent des Wagenparks von Regierung und Behörden still. Im Falle eines Krieges würde sich dieser Anteil auf 50 Prozent erhöhen.

Die Bevölkerung Costa Ricas muß vom kommenden Samstag an eine Stunde früher aus den Betten: Die Uhren werden dann nach einer Regierungsverfügung zwecks Stromersparnis um eine Stunde vorgestellt. Bereits seit November sitzen die BeamtInnen außerhalb der normalen Dienststunden im Halbdunkel, weil nur noch die allernotwendigsten Lampen eingeschaltet werden dürfen. Im Falle eines Golfkrieges würde der private Autoverkehr eingeschränkt werden.

Selbst Mexiko drohen große wirtschaftliche Schwierigkeiten. Zusätzliche Einnahmen aus steigenden Ölpreisen könnten die Einbußen im Außenhandel, weniger Investitionen und einen Anstieg der Inflation, die 1990 fast 30 Prozent erreicht hat, nicht ausgleichen, befürchten mexikanische Unternehmen.