Stockholmer Modell in Berlins Innenstadt?

■ Die Autolobby hat die Koalitionspolitiker ökologisch überholt: Spediteure für Maut in der City

Berlin. SPD und CDU streiten sich noch immer darüber, ob auf der Avus das Tempolimit wiederaufgehoben werden soll und ob Busspuren Sinn haben oder nicht. Offenbar haben die Verhandler im Schöneberger Rathaus noch nicht bemerkt, daß die Autolobby längst einen Schritt weiter ist. Das sogenannte Stockholmer Modell müsse um die Innenstadtbereiche Bahnhof Zoo sowie Unter den Linden und Friedrichstraße eingeführt werden, fordert der »Verband der Spediteure in Berlin und Brandenburg«. Fahrzeuge dürften diese Bereiche nur noch passieren, wenn sie dafür bezahlen.

Autolobbyist Gerhard Ostwald, Geschäftsführer des Verbandes (120 Speditionsbetriebe), erklärte der taz, daß Lieferwagenfahrer inzwischen nur noch vier Fünftel ihrer Touren schaffen könnten, weil der Verkehr in Berlin so stark zugenommen hat. Damit aber Kunden — ob nun Einzelhändler oder Großbetriebe — die bestellten Waren trotzdem pünktlich geliefert bekommen, müßten Lieferfirmen zusätzlich Fahrzeuge einsetzen — und die belasten Berlins Verkehrsadern noch mehr. Da zusätzliche Lieferwagen und ihre Fahrer aber eine Menge Geld kosten, wären Unternehmen bereit, eine Gebühr für die »Stockholmer Bereiche« zu bezahlen. Letztlich wäre dies für sie billiger und, da es weniger Verkehr gäbe, auch umweltfreundlicher, erklärte Ostwald.

Der als zukünftiger Verkehrssenator gehandelte CDU-Abgeordnete Fritz Niedergesäß ließ sich von der Argumentation des Spediteurverbandes nicht beeindrucken: »Da halte ich gar nichts von.« Berlin sei mit keiner anderen Großstadt vergleichbar, sagte der Diplomingenieur, außerdem seien restriktive Maßnahmen keine Lösung. Er erhofft sich über eine Parkplatzbewirtschaftung eine positive Wirkung auf Berlins Verkehrsprobleme. Und neben den Ampeln im Ostteil Berlins will der 50jährige wieder die grünen Pfeile sehen — »schreiben Sie das!« diak