Momper läßt »multikulturell« streichen

■ Die Koalitionsvereinbarung ist schließlich perfekt/ Verkehrspolitischer Erfolg der SPD, aber in der Ausländerpolitik setzte sich die CDU durch/ Die Zuzugsbegrenzung soll bleiben

Berlin. Während die SPD sich bei den Koalitionsverhandlungen in der Verkehrspolitik gegenüber der CDU weitgehend durchgesetzt hat, ist die ImmigrantInnen- und Flüchtlingspolitik weitgehend von der CDU geprägt. In der Praxis sind die juristische Spielräume durch das seit dem 1. Januar geltende bundesweite Ausländergesetz für die Länder nur gering. In der schriftlichen Vereinbarung, die der taz vorliegt, taucht der Begriff »mulitkulturelle Gesellschaft« nicht auf. Die Vereinbarung, die heute mit den anderen Teilen des Koalitionsprogramms veröffentlicht werden soll, regelt in einem ersten allgemeinen Teil die grundsätzlichen Richtlinien für die künftige Politik.

Um einzelne Formulierungen war in diesem »Fließtext«, wie der neue Sprachgebrauch lautet, noch erbittert gefeilscht worden. Wie berichtet, hatte man sich in vielen Einzelpunkten bereits geeinigt, im Vordergrund stand jetzt die »Philosophie«. Der Noch-Regierende Walter Momper behauptete gestern auch auf Nachfrage, er habe von dem Begriff »multikulturell« nie etwas gehalten und ihn auch nicht verwendet.

Im Anfangsteil finden sich wörtliche Formulierungen aus den Wahlprogrammen beider Parteien wieder: »Wir wollen ein weltoffenes, tolerantes und liberales Berlin«, heißt es dort. Berlin werde als Wirtschaftsstandort auch an Attraktivität für Ausländer gewinnen, deren Zusammenleben mit den hier Lebenden »vielfältige Schwierigkeiten mit sich bringt«. An der Zuzugsbegrenzung für die Stadt wird festgehalten: »Wir wissen auch, daß eine Stadt nur eine begrenzte Zahl von Zuwanderern in einem bestimmten Zeitraum friedlich integrieren kann.« Immerhin wird anerkannt, »daß die schulische, soziale und berufliche Integration noch nicht gelungen ist«. In den nächsten Jahren soll die Eingliederung der 2. und 3. Ausländergeneration verstärkt werden. Zur Frage der Ausweisung von ehemaligen straffällig gewordenen Jugendlichen, die der CDU besonders am Herzen lag, wurde keine Formulierung aufgenommen. Geklärt wird dagegen die Auskunftspflicht öffentlicher Stellen nach dem neuen Ausländergesetz. Es seine »keine besonderen Auskunftspflichten der Sozial- und Jugendämter gegenüber den Ausländerbehörden begründet«. Auskunft soll nur erteilt werden bei »Tatsachen, die den Behörden direkt bei der Bearbeitung bekannt geworden sind«.

Kritisiert wurde der Teil des Programms gegenüber der taz bereits aus SPD-Kreisen: Der türkische Staatsbürger und Beisitzer im SPD- Landesvorstand Merik Ünel erklärte: »Unter dem Strich gibt diese Koalition den 300.000 Nichtdeutschen in dieser Stadt gar nichts.« kd