Die rote Linie der Allianz gegen Saddam

■ Kuwait, Palästina und die Diskussion über eine Nahost-Konferenz KOMMENTARE

Die Ablehnung, auf die der jüngste französische Vorschlag für eine politische Lösung der Golfkrise in den USA, in Großbritannien, vor allem aber in Israel stieß, gibt zu denken. Was hat die Pariser Regierung denn falsch gemacht? Mit ihrem Vorschlag, nach einem irakischen Rückzug aus Kuwait, der Stationierung von UNO-Truppen und einer Nichtangriffsgarantie dann in „angemessener Zeit“ eine Nahost-Konferenz einzuberufen, hat die französische Regierung nichts Sensationelles formuliert. Aber das wenige reichte bereits für den Vorwurf, sie sei aus der internationalen anti-irakischen Allianz ausgeschert. Offenbar kann man heute den Begriff „Nahost- Konferenz“ nicht mehr in den Mund nehmen, ohne zugleich als politischer Sympathisant Saddam Husseins dazustehen.

Dieses negative Junktim ist freilich mehr als absurd. Natürlich ist es richtig, daß der irakische Einmarsch in Kuwait nichts, aber auch gar nichts mit dem israelisch-arabischen Konflikt zu tun hat; daß Saddam Hussein diese Verbindung aus taktischen Gründen hergestellt hat; daß die Palästinenser die großen Verlierer der Golfkrise sind. Aber heutzutage gerät es offensichtlich völlig in Vergessenheit, daß der Palästina-Konflikt nicht am 2. August 1990 begonnen hat und der Gedanke einer internationalen Nahost-Konferenz nicht von Saddam Hussein stammt. Der Beginn der Intifada im Dezember 1987 und die realistische, auf Verhandlungen ausgerichtete Politik der Untergrund-Führung des Aufstands und der PLO-Zentrale in Tunis haben diesem alten Gedanken neues Leben eingehaucht, und er wurde von zahlreichen Regierungen im Westen aufgegriffen. Es gibt überhaupt keinen Grund, angesichts der aktuellen Krise davon abzurücken. Im Gegenteil: Auch nach einem möglichen Krieg wird eine solche Konferenz weiter auf der Tagesordnung stehen und das wissen auch alle Beteiligten.

Über das konkrete Prozedere einer internationalen Nahost-Konferenz ist in den letzten Jahren oft genug gesprochen worden. Und just hier formuliert die anti-irakische Allianz nun ihre rote Linie gegenüber Saddam Hussein und auch nach innen. Sie tut es in einer Situation, in der es darum gehen sollte, einen katastrophalen Krieg zu vermeiden, statt sich um die Wahrung des eigenen Gesichts zu kümmern. Es ist bemerkenswert, welch ein schwaches Bild die USA, Israel und Großbritannien in dieser Frage abgeben: Man darf eine Nahost-Konferenz nicht mehr zum Thema machen, weil der irakische Diktator ein entsprechendes Junktim formuliert hat. Es ist an der Zeit, daß der Westen Saddam Hussein gegenüber mehr Selbstbewußtsein zeigt. Beate Seel