Hafenstraße: Räumung verweigert

Hamburg (taz) — „Hafenstraße bleibt!“ Diese Parole, die in Hamburg an vielen Häuserwänden zu lesen ist, hat vorerst auch als simple Feststellung Gültigkeit. Denn gestern verweigerte der beauftragte Gerichtsvollzieher die Zwangsräumung der besetzten Häuser. Begründung: Das Räumungsurteil vom 7.Januar beziehe sich allein auf den Pächter, den Verein Hafenstraße, und lasse die Untermietverhältnisse der Bewohner unberührt. Die Räumung von konkreten Einzelpersonen lasse sich mit dem Urteil nicht rechtfertigen. Damit teilte der Gerichtsvollzieher die Rechtsauffassung des Vereins Hafenstraße und vieler Hamburger Mietrechtsexperten.

Die städtische Hafenrand GmbH, deren Auftrag es ist, die Häuser räumen und abreißen zu lassen, will sich damit nicht abfinden. In einem sogenannten Erinnerungsverfahren vor dem Amtsgericht soll die Weigerung des Gerichtsvollziehers überprüft werden. Gegenüber der taz hatte Hafenrand-Chef Wolfgang Dirksen kürzlich allerdings selbst eingestanden, daß er nicht wisse, wie der Gerichtsvollzieher konkret vorgehen könne. Denn räumen dürfte er allenfalls jene MieterInnen, die noch nach Zustellung der Klage gegen den Verein Hafenstraße in die bunten Häuser gezogen sind. Vor Ort dürfte sich jedoch kaum eine solche Person zu erkennen geben. Die Hafenrand GmbH aber kennt nur jene Mieter, die sie ohnehin nicht räumen darf. Weitere Auskünfte hat der Verein Hafenstraße als Vermieter bislang trotz zweier Zwangsgelder nicht erteilt. Als Ausweg aus diesem Räumungsdilemma hatte Dirksen nur den Ratschlag für den Gerichtsvollzieher bereit, alle Anwesenden rauszuschmeißen. Vor diesem Hintergrund kommt die Weigerung des Gerichtsvollziehers nicht unerwartet. Schließlich ist es seine Aufgabe, die Urteile zu vollziehen und nicht selbst zu bestimmen, auf wen ein Urteil anwendbar ist. Dirksen jedoch schäumte gestern: Es dürfe nicht passieren, daß „sich der Rechtsstaat infolge der systematischen Strategie der Bewohner zur Verhinderung von Zwangsvollstreckungen ad absurdum führt“. big