Schon im Vietnamkrieg ging's ums Öl

Amerikanische Pazifisten erinnern daran, daß es vor 20 Jahren in Indochina auch um die Ölvorkommen in Südvietnam ging/ Südvietnamesisches Regime warb mit Bohrlizenzen für US-Firmen  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Der Krieg am Golf um die kuwaitischen Erdölquellen ist nicht der erste, bei dem es den US-Amerikanern auch um die Sicherung des „flüssigen Goldes“ für die westliche Welt geht. Die US-Friedensgruppe „Another Mother for Peace“ hat bereits Anfang der 70er Jahre kritisiert, daß es der Washingtoner Regierung im Vietnamkrieg und bei dem mörderischen Schlachten in Kambodscha und Laos hauptsächlich um die Ölvorkommen gegangen sei, die Mitte der 60er Jahre in Thailand, Südvietnam und im südchinesichen Meer entdeckt worden waren.

Die Vereinigten Staaten hätten nur deshalb dem südvietnamesischen Regime von General Thieu Ende 1970 noch weiter verstärkte militärische Unterstützung zugesichert, weil die großen amerikanischen Ölgesellschaften „Standart Oil“, „Gulf“ und „Union Oil“ auf die Zuteilung von Lizenzen zur Erschließung und Ausbeutung der riesigen Erdölfelder spekulierten, die die Saigoner Regierung im Februar 1971 vergeben wollte.

Hoffnung auf Öl hält den Krieg in Gang

In der Tat hatte die Regierung von Südvietnam in einem Bericht des Rates für Auslandsangelegenheiten den Ölgesellschaften grünes Licht zur Ausbeutung ihrer Erdölvorkommen signalisiert. Der in seine Endphase gehende Krieg in Vietnam, so die Erwartungen des von den USA gestützten Thieu-Regimes, könne dann eine bedeutende Wendung erfahren, wenn sich die Hoffnungen auf die Massenförderung von Erdöl erfüllten.

Im Hochland von Südvietnam liege nämlich eines der reichsten Erdölvorkommen der Welt. Mehrere Zeitungen und Zeitschriften — darunter die französische 'Le Monde‘ und der 'Spiegel‘ — hatten seinerzeit die Stellungnahmen von „Another Mother for Peace“ und die südvietnamesischen Regierungsberichte veröffentlicht. Daraufhin wurde der Senatsausschuß für Außenpolitik in Washington täglich mit bis zu 500 Briefen empörter AmerikanerInnen bombadiert, die nur eine einzige Frage beantwortet haben wollten: „Müssen unsere Söhne in Vietnam für Erdöl sterben?“

Der damalige Vorsitzende des Ausschusses, Senator Fulbright, leitete die Frage der protestierenden AmerikanerInnen an die US-Regierung weiter — ohne Erfolg. Im Weißen Haus weigerte man sich eisern, dieses Thema auch nur zu diskutieren.

In Saigon wurde zeitgleich die Konzessionsvergabe für die Ausbeutung der Erdölfelder konzipiert. Jeder Konzessionsnehmer hätte danach auf einer Fläche von jeweils 20.000 Quadratkilometern bis zu fünf Bohrzentren errichten dürfen. Den Gesellschaften wurde garantiert, daß ihr Besitz und ihre Rechte nicht verstaatlicht würden, und sie mit dem Erwerb der Konzession auch das Recht erhielten, das gewonnene Erdöl zu raffinieren. Für die Gewinne waren Steuerermäßigungen vorgesehen — und Ausfuhrsteuern waren nicht geplant.

„Nixon spielt Asiaten gegen Asiaten aus

In Nordvietnam und in der Sowjetunion war der „Krieg um's Öl“ — im Gegensatz zu den Verhältnissen in den USA — Thema staatlicher Propaganda. So erklärte das nordvietnamesische Außenministerium nach der Unterzeichnung des sogenannten Erdölgesetzes in Saigon, daß die Anstrengungen der Vereinigten Staaten, sich der Bodenschätze in den Küstengebieten von Kambodscha, China, Korea und Vietnam zu bemächtigen, das „neokolonialistische Gesicht der Imperialisten enthüllt“ habe. Die Politik Nixons sei nur darauf ausgerichtet, Asiaten gegen Asiaten auszuspielen, um die Bodenschätze dieser Gebiete ausbeuten zu können. Und aus Moskau hieß es, daß die US-Amerikaner ihren angekündigten Truppenabzug aus Indochina wegen der immer neuen Entdeckungen von Ölfeldern verlangsamt hätten. Tatsächlich war die US- Army im Frühjahr 1970 in Kambodscha einmarschiert — nach den ersten Meldungen über die Endeckung riesiger Erdölfelder in dieser Region.

Die größten Erdölgesellschaften der Welt waren im südchinesischen Meer rund um Malaysia, Thailand, Sumatra Borneo und Java schon seit Jahren aktiv. Vor allem „Gulf“ und „Shell“ hatten Förderkonzessionen beantragt und von den Regierungen der Region erhalten. Der „Ölrausch“ in Indochina wurde Ende der 60er Jahre von Wissenschaftlern ausgelöst, die behaupteten, daß „in fünf Jahren“ in den Erdölgebieten an den Küsten Thailands, Kambodschas, Malaysias und Südvietnams „400 Millionen Barrel Öl“ gefördert werden könnten.

Ölexperten im Navy-Flugzeug

In Navy-Flugzeugen und auf Navy- Forschungsschiffen durften amerikanische Ölexperten seinerzeit auf Schatzsuche gehen. Bereits 1965 hatte Henry Cabot Lodge, der damalige US-Botschafter in Saigon, die Ölinteressen der Vereinigten Staaten in Südvietnam und ganz Südostasien angemeldet, wie der 'Spiegel‘ im Frühjahr 1971 berichtete. Und bereits seit 1966 finanzierte die Washingtoner Regierung seismische Versuche in der Region für mögliche künftige Ölbohrungen.

Das blutige Engagement der US- Army in Indochina, der Kampf für die Interessen der Erdölgesellschaften, endete damals mit einer traumatischen Niederlage für die Weltmacht USA. Ein Omen für das aktuelle militärische Engagement Washingtons am Golf?