Protestiert während der Arbeitszeit!

Berlin (taz) — „Hört auf mit dem Krieg!“ — mit dieser Aufforderung des DGB-Vorsitzenden Heinz-Werner Meyer reagierte am Donnerstag der Deutsche Gewerkschaftsbund auf den Kriegsausbruch am Golf. „Lieber Jahre verhandeln als Stunden Krieg führen“, meinte Meyer in einer Erklärung.

Der Vorstand der IG Metall ging wie viele andere Gewerkschaftsgliederungen über verbale Proteste hinaus. Er forderte „alle Arbeitnehmer in der Metallwirtschaft auf, „[...] Ihren Friedenswillen täglich zu bekunden und sichtbar zu machen“. Alle Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik seien aufgerufen, den politisch Verantwortlichen ihren Friedenswillen „täglich deutlich zu demonstrieren“. Diese Erklärung ist als Aufforderung an alle Funktionäre und Mitglieder zu verstehen, eigenverantwortlich ihren Protest gegen den Krieg in die Öffentlichkeit, aber auch in die Betriebe hineinzutragen.

Der DGB in Hessen will damit schon heute anfangen. Er rief zusammen mit allen Mitgliedsgewerkschaften „alle Menschen in unserem Lande“ dazu auf, heute in der Zeit von 11.30 bis 12.00 Uhr, also während der Arbeitszeit, gegen den Krieg zu demonstrieren. In Bremen hat der DGB heute zu einer 15minütigen „Denkpause“ in allen Betrieben, Verwaltungen und Schulen aufgerufen. Alle GewerkschafterInnen sollen sich an den Aktionen des Friedensforums täglich ab 17 Uhr auf dem Marktplatz beteiligen. Außerdem wird die Demonstration der Friedensbewegung am Sonnabend um 13.30 Uhr von den Gewerkschaften unterstützt.

Schon vor Kriegsausbruch hatten einzelne betriebliche Funktionäre aus Bremer Rüstungsbetrieben, die sich seit Jahren um Rüstungskonversion bemühen, dazu aufgefordert, bei Kriegsausbruch gezielt alle Bremer Rüstungsbetriebe zu bestreiken: „Wenn wir uns für das Leben entscheiden, bedeutet dies auch, daß Firmen, die noch immer Rüstungsexporte in den Irak durchführen oder Wartungsverträge weiter einhalten, bestreikt werden“, heißt es in einem offenen Brief des „IGM-Arbeitskreises Andere nützliche Produkte“ der Bremer Vulkan.

Aus den neuen Bundesländern haben sich die Vereinigte Linke und Vertreter des Neuen Forums mit der Forderung an den DGB gewandt, mit Arbeitsniederlegungen auf den Kriegsausbruch zu reagieren. Die Selbstorganisation der Zivildienstleistenden hat gestern zu einem bundesweiten Streik der Zivildienstleistenden aufgerufen.

Die Industriegewerkschaft Metall in Berlin rief die Bevölkerung zur abendlichen Kundgebung an der Gedächtniskiche auf. Feministische Gruppen appellierten an den Berliner Landesbezirksvorstand, bundesweit zu einer Urabstimmung gegen die Kriegsproduktion aufzurufen. Martin Kempe