„Wir stehen hinter Präsident Bush“

■ „Tief betroffen“, „bestürzt“, „betrübt“ reagiert der Westen auf den Kriegsausbruch, doch das Vorgehen der USA wird gutgeheißen

Berlin (taz/dpa/afp) — Von großer Betroffenheit bis zu tiefer Betrübnis reicht das Spektrum der Empfindungen der Staatsmänner Westeuropas am Tage nach Ausbruch des Golfkriegs. Alle bedauerten das Fehlschlagen der Bemühungen um eine friedliche Lösung, allgemein wurde jedoch Zustimmung zum Vorgehen Washingtons geäußert. Als Widerspruch schien das außer ein paar versprengten Kriegsgegnern niemand zu empfinden.

Großbritannien: Gestern wurde bekanntgegeben, daß George Bush und John Major sich bereits am 21. Dezember vergangenen Jahres über die Notwendigkeit eines Krieges verständigt hatten. Premierminister John Major fand den Angriff „sehr erfolgreich“. Auch die britische Labour Party beeilte sich, nach dem Angriff auf den Irak ihre Unterstützung des Kriegs zu versichern. Lediglich vom linken Labour-Flügel war Kritik zu hören. Das irische Kabinett hat am Mittwoch beschlossen, den USA die Erlaubnis zur Zwischenlandung und zum Auftanken auf dem westirischen Flughafen Shannon „im Prinzip“ zu geben.

Die britischen Behörden haben am Mittwoch 28 Iraker mit der Begründung festgenommen, sie stellten ein „Risiko für die nationale Sicherheit“ dar. Seit September waren bereits mehr als 90 in Großbritannien lebende irakische Studenten und Geschäftsleute ausgewiesen worden.

Frankreich: Staatspräsident Mitterrand machte gestern noch einmal deutlich, daß französische Truppen keinesfalls auf irakischem Boden kämpfen würden, und erklärte Frankreichs Dialogbereitschaft. Die acht Abgeordneten der sozialistischen französischen Regierungspartei, die in der Nationalversammlung gegen einen militärischen Einsatz am Golf gestimmt hatten, müssen nach Angaben von Parteichef Mauroy mit Sanktionen rechnen.

Um Hamsterkäufe und das Lagern von Benzin „in Kellern, Garagen oder Badewannen“ zu unterbinden, verbot die Regierung den Verkauf von Benzin in Kanistern und Flaschen. Der Pariser Bahnhof Saint Lazare wurde wegen Bombendrohungen vollständig evakuiert.

Eine für Mittwoch abend vorgesehene Sonderdebatte im Europaparlament über die Golfkrise ist kurzfristig auf Antrag der Sozialisten abgesagt worden. Das Treffen in Brüssel wäre ein Präzedenzfall gewesen, da nach offizieller Arbeitsteilung die Plena in Straßburg stattfinden. Die französische Regierung ist dagegen, daß das Parlament in Brüssel tagt. Vor diesem Hintergrund ist der Antrag des französischen Fraktionschefs der Sozialisten, Jean-Pierre Cot, die Sitzung ausfallen zu lassen, zu sehen. Doppelzüngig mutet seine „Enttäuschung darüber“ an, „daß die europäischen Institutionen nicht imstande sind, einen gemeinsamen Appell zur friedlichen Lösung der Golfkrise herauszubringen“.

Gestern morgen verabschiedeten in Brüssel etwa 50 sich vorbehaltlos gegen Krieg aussprechende Europaabgeordnete eine Resolution für das reguläre Parlamentariertreffen am Montag abend in Straßburg.

Der EG-Ratspräsident äußerte im Namen der zwölf EG-Staaten „tiefstes Bedauern“ über den Einsatz von Gewalt am Golf und betonte erneut, nur der „Rückzug der irakischen Streitkräfte aus Kuwait könnte neue Opfer und neue Zerstörungen vermeiden“. Wie am Donnerstag in Brüssel bekannt wurde, informierte die US-Regierung die EG etwa eine halbe Stunde vor Beginn des Angriffs gegen den Irak.

Vor dem Treffen der zwölf EG- Außenminister kamen gestern die Außen- und Verteidigungsminister der neun Mitgliedsländer der Westeuropäischen Union (WEU) zusammen. Sie berieten bereits über die Lage im Nahen Osten nach einer Niederlage des irakischen Regimes, erklärten sich mit den USA solidarisch und sprachen sich für die Fortsetzung des Kriegs bis zur vollständigen Räumung Kuwaits aus.

Im Anschluß an eine Dringlichkeitssitzung des Nato-Rates erklärte gestern Nato-Generalsekretär Manfred Wörner, die 15 Verbündeten der Türkei seien zur Erfüllung der Bündnisverpflichtungen „im Falle eines bewaffneten Angriffs“ auf die Türkei bereit.

Skandinavien: Die Reaktionen der skandinavischen Regierungen bewegten sich nahezu auf übereinstimmender Linie. „Unausweichlich vor dem Hintergrund der UN-Resolutionen“, wie es der schwedische Außenminister Sten Andersson formulierte.

Spaniens Außenminister Francisco Fernandez Ordonez erklärte, sein Land spiele nur eine Unterstützungsrolle. Nach Auffassung des Bundespräsidenten der militärisch neutralen Schweiz, Flavio Cotti, ist der Irak „klarer Kriegsschuldiger“. „Wir stehen hinter Präsident Bush“, erklärte der niederländische Ministerpräsident Lubbers. Die Niederlande haben etwa 800 Soldaten in der Golfregion. Für Belgiens Ministerpräsident Lubbers ist der Krieg am Golf kein Konflikt mit der arabischen Welt, zu der die Europäische Gemeinschaft enge Kooperationsbeziehungen hat. In Österreich spürt man wie überall große Betroffenheit und der Papst hat den Kriegsbeginn als „schwere Niederlage für das internationale Recht und die internationale Gemeinschaft“ gewertet. Venedig hat am Mittwoch alle offiziellen Karnevalsveranstaltungen abgesagt.