Massenhafter Protest gegen Golfkrieg

In allen größeren Städten und Gemeinden gingen die Menschen auf die Straße  ■ Von unseren Korrespondenten

Berlin (taz) — Wie in der ganzen Bundesrepublik wechselte sich gestern in Berlin eine Demonstration mit der anderen ab. 25.000 Schüler zogen zum US-Headquarter im Außenbezirk Zehlendorf und beteiligten sich dort an Sitzblockaden und Menschenketten. In den Bezirken Kreuzberg und Neukölln demonstrierten rund 1.500 Autonome, wobei zahlreiche Scheiben von Banken zu Bruch gingen. Wie in nahezu allen Städten wurden die Antikriegsaktionen in den Stadtbezirken durch Mahnwachen, Straßenblockaden oder Trommelaktionen begleitet. Für den Abend wurde zu einer Gesamtberliner Großdemonstration aufgerufen, die am Brandenburger Tor enden sollte.

Mit einem Aufruf zu einer Großkundgebung am Samstag, dem 26. Januar, im Bonner Hofgarten reagierte die Friedensbewegung auf den Kriegsausbruch. Das Netzwerk Friedenskooperative hat der Polizei 150.000 Teilnehmer angekündigt. Unter den Unterstützungsorganisationen finden sich neben den Friedensinitiativen auch christliche Gruppen, Gewerkschafter, die Ärzte gegen den Atomkrieg und die großen Naturschutzverbände.

In Niedersachsen begannen die Aktionen wie in den meisten Bundesländern in der Nacht zum Donnerstag. Hunderte demonstrierten in Hannover, Göttingen, Hildesheim und Osnabrück. Aus insgesamt 27 niedersächsischen Städten wurden Aktionen gemeldet. In Hannover traten an 80 Schulen die Schüler in den Streik. Mit über 15.000 Schülern gab es dort die landesweit größte Protestaktion. Studenten der Landeshauptstadt organisierten am Nachmittag Straßenblockaden und Demonstrationen.

Etliche spontane Demonstrationen legten gestern mittag in Hamburgs City den Verkehr weitgehend lahm. Tausende Schüler waren aus verschiedenen Richtungen in die Innenstadt gezogen, wo sie gegen zwölf Uhr eine Menschenkette um die Binnenalster bildeten. Gleichzeitig machte sich ein Demonstrationszug von der Universität in Richtung Innenstadt auf den Weg. Während des ganzen Tages wurde das US-Generalkonsulat von Protestierenden belagert. Am Nachmittag trafen sich Zehntausende in der Nähe des Dammtorbahnhofes, um zum Rathausmarkt zu ziehen. Demonstrationen wurden unter anderem auch aus Rostock, Schwerin und Magdeburg, aus Potsdam, aus Halle, Leipzig, Gera, Chemnitz und Erfurt gemeldet.

Bei der Firma Bosch in Reutlingen forderten die Beschäftigten die Einstellung der Rüstungsexporte in den Irak. In der Stuttgarter Innenstadt versammelten sich bis zum Mittag mehrere tausend Menschen. Rund 7.000 SchülerInnen ließen den Unterricht ausfallen, um sich an einer Demonstration zu beteiligen. Vor der europäischen Kommandozentrale der US-Streitkräfte in Stuttgart- Vaihingen setzten Friedensaktivisten ihre Mahnwache fort.

In Bremen wurden nach einem Schweigemarsch zwei Gleise des Bremer Bahnhofs blockiert. Am Nachmittag kam es zu einer Großdemonstration auf dem Marktplatz. In Oldenburg demonstrierten mehrere tausend in der Innenstadt und vor dem Fliegerhorst. Von dort waren die achtzehn Alpha-Jets der Bundeswehr in die Türkei gestartet. Spontandemonstrationen auch in Bayern: Am späten Nachmittag demonstrierten KriegsgegnerInnen in Nürnberg, Augsburg, München und Erlangen.

Mit Mahnwachen, Gebeten, Menschenketten und goßen Demonstrationen protestierten in Nordrhein-Westfalen Zehntausende gegen den Golfkrieg. Auch in Kiel zogen fast zehntausend Menschen zur Landesregierung. In Flensburg und Lübeck formierten sich Protestzüge mit mehr als tausend TeilnehmerInnen. In Bochum blockierten SchülerInnen Straßenkreuzungen. Gegen Mittag schlossen sich viele Arbeitnehmer an. In Siegen, Bielefeld, Münster, Essen, Hagen und Düsseldorf legten die DemonstrantInnen zeitweise den gesamten Innenstadtverkehr lahm. Im Minden zogen die Kriegsgegner zur örtlichen Bundeswehrkaserne, um gegen den Krieg und den Einsatz der Bundeswehr im Golfkonflikt zu protestieren.