Teure Highway-Träume

Berlin. Glaubt man dem, was aus den Koalitionsverhandlungen kolportiert wird, dann verdanken wir die Beibehaltung von Tempo 100 auf der Avus dem Druck der CDU- Basis. Die Verhandlungen über das Tempolimit haben sich danach am Mittwoch nachmittag ergebnislos dahingeschleppt, was CDU-Chef Diepgen beunruhigte, weil er am Abend zu einer Funktionärskonferenz in den Reichstag mußte. Schließlich, unter Zeitdruck, habe Diepgen zugestimmt.

So beiläufig, wie das Tempolimit abgesegnet wurde, so wertlos ist dieses Symbol. Dieses Urteil fällen zumindest einige Umweltverbände. Sie fürchten einen »Rückfall in die autogerechte Stadt«. Anhaltspunkte dafür liefert die zwischen CDU und SPD vereinbarte Absicht, die Stadtautobahn »im Bereich Neukölln« zu »vervollständigen« plus »Weiterführung in den Bezirk Treptow«. Daneben erwähnt die Koalitionsvereinbarung auch die von der CDU gewünschte »leistungsfähige Nord-Süd-Autobahn in Tunnellage unter dem Tiergarten«; freilich soll dieses »Projekt« lediglich »geklärt« werden — was immer das heißen mag.

Eine Chance auf Realisierung haben diese Highway-Träume in den nächsten Jahren kaum. Bonn werde einfach kein Geld dafür herausrücken, solange die fünf neuen Länder ebenfalls Autobahnen finanzieren wollen — meinen SPD- Politiker. Dieses Schicksal kann freilich auch den Plänen zum Ausbau von S-, U- und Straßenbahn drohen. Die Koalitionäre wollen ihnen zwar die »erste Priorität« einräumen und nennen einen jährlichen »Finanzierungsbedarf« von einer Milliarde Mark, dreimal mehr als die unter Rot-Grün verausgabten 340 Millionen. Woher dieses Geld kommen soll, läßt die Vereinbarung offen. Im vereinbarten 600-MillionenSonderprogramm ist ein Posten für Nahverkehr nicht enthalten. hmt