Sowjetische Medien hautnah

Nachrichtenlage über die Sowjetunion durch Auslandssendungen Moskaus und der Republiken auf Kurzwelle  ■ Von Rainer Pinkau

In Krisenzeiten sind Informationen, die man aus erster Hand erhält, gefragt. Zuweilen gelingt es auch, sich anhand der so gewonnenen Nachrichtenlage ein „objektives Bild“ zu verschaffen. Zum Beispiel über die Sowjetunion. Hier: durch die Auslandssendungen Moskaus und der Republiken auf Kurzwelle.

Fast alle Sowjetrepubliken unterhalten Radiosender, die über innersowjetische und republikspezifische Themen berichten. Oft werden die Rundfunksendungen nur in den Landessprachen, gelegentlich in Englisch und Französisch, nicht selten auch in Deutsch produziert.

Die beiden „überregionalen“ Sendedienste aus der Hauptstadt, Radio Moskau und der Sender Frieden und Fortschritt, betreiben ein umfangreiches Fremdsprachenprogramm in nahezu allen Sprachen dieser Welt. Das staatliche Radio Moskau steht dem Kreml nahe und legt in sieben Programmstunden täglich die Politik Michail Gorbatschows in deutscher Sprache dar, umrahmt von zahlreichen Musik-, Unterhaltungs- und Magazin-Reihen für alle Interessensgebiete. Radio Moskau kann täglich in deutscher Sprache von 11 bis 13 Uhr auf den Frequenzen 261, 1323, 11745, 11870, 13705 und 15540 kHz in Ortssenderqualität empfangen werden. Das wundert nicht, wenn man bedenkt, daß die Langwellenfrequenz 261 kHz sonst dem Armeesender Radio Wolga in Ostdeutschland zur Verfügung steht und die Mittelwelle 1323 kHz über das Relais Burg (bei Magdeburg) abgestrahlt wird. Abends kommt Radio Moskau ohne Schwierigkeit von 17 bis 22 Uhr auf den Frequenzen 1323, 1386, 6145, 7340 und 7360 kHh herein.

Im Anschluß an die Abendsendung zwischen 22 und 23 Uhr folgt das deutschsprachige Programm des Senders Frieden und Fortschritt. Der Sender wird von gesellschaftlich relevanten Gruppen der Sowjetunion (Gewerkschaften, Journalistenverbände, Einrichtungen aus Wissenschaft und Kultur usw.) betrieben, ohne daß ein eigener Sender zur Verfügung steht. Der Programmauftrag ist weniger regierungsnah, sieht dafür aber auch nur eine Sendezeit von nur einer Stunde täglich in deutscher Sprache vor. Der Sender hat außerdem noch viele andere Programmsprachen und ist nach Radio Moskau der zweitgrößte sowjetische Auslandsdienst.

Auch die baltischen Republiken haben mit Radio Talinn, Radio Riga International und Radio Vilnius eigene Kurzwellensender. Radio Tallinn sendet in Englisch montags von 21.30 bis 22.00 Uhr auf Mittelwelle 1035 und Kurzwelle 5925 kHz; im übrigen produziert man Sendungen in Estnisch, Finnisch und Schwedisch. Radio Riga International hat sein Angebot erweitert und bringt zweimal wöchentlich eine halbe Stunde in Englisch, samstags von 19.30 bis 20.00 Uhr und in der Wiederholung sonntags von 8.00 bis 8.30 Uhr auf 5935 kHz. Weitere Programmsprachen sind Lettisch und Schwedisch. Radio Vilnius überträgt von 23.30 bis 24.00 Uhr ein Programm für Europa in Englisch auf Mittelwelle 666 und 1557 kHz sowie auf Kurzwelle 6100 kHz, das von 0.00 bis 0.30 Uhr für HörerInnen in Nordamerika wiederholt wird. Hier setzt Radio Vilnius auf 6100 und 9750 kHz eigene Sender und auf 7400 kHz einen Relaissender von Radio Riga ein.

Auch aus Armenien (Jerewan), Aserbaidschan (Baku), Bjelorußland (Minsk), Georgien (Tiflis), Kasachstan (Alma-Ata), Kirgisien (Frunse), Tadschikistan (Duschanbe), der Ukraine (Kiew) und Usbekistan (Tashkent) sind Kurzwellensender zu hören. Kiew, Minsk und Alma-Ata senden sogar für die dort lebende Bevölkerung in deutsche Sprache. Zu empfangen ist Radio Kiew in Deutsch von 18 bis 19 Uhr auf 5915, 6010, 6175 und 7370 kHz und von 21 bis 22 Uhr auf 6185 kHz nur recht schwach. Radio Minsk hingegen ist mittwochs, samstags und sonntags von 19.30 bis 20.00 Uhr auf 5915, 6010, 6175 und 7370 kHz im Äther. Radio Alma-Ata arbeitet überwiegend für Sowjetdeutsche in Kasachstan und ist in unseren Breiten nur schwer zu empfangen. Radio Tashkent setzt von 13.00 bis 13.30 bzw. 14.30 bis 15.00 Uhr die Frequenzen 9540, 9600, 11860, 15470 und 17740 kHz für die Übertragung der englischsprachigen Programme ein, kommt aber nur selten gut durch. Das gilt auch für die Sendungen aus Jerewan, Tiflis, Baku, Frunse und Duschanbe. (Frequenzen aller Regionalstationen befinden sich im monatlich erscheinenden 'Radio Magazine‘, das für 39 DM im Jahr beim Kurzwellen-Pressedienst, Weender Straße 30, 3400 Göttingen, zu beziehen ist.)

Wer sich einmal die Mühe macht, auf Kurzwelle über die Bänder zu streichen, wird unschwer auch den Inlandsdienst der UdSSR (Mayak) oder den Radio Moscow World Service (rund um die Uhr!) entdecken. Tendenziell gilt jedoch, daß seit der Einstellung der Störsender-Tätigkeit durch sowjetische Behörden die Frequenzen zunehmend auch für Regionalstationen und deren Programme frei werden, die bisher außerhalb ihrer eigentlichen Zielgebiete kaum gehört werden konnten.