Gewinnmitnahmen an den Börsen

■ Das Barrel Rohöl kostet nur noch etwa 20 Dollar/ Kursfeuerwerk auch in New York, neuer Börsentag aber ruhiger/ Vom Angriff auf Israel war Tokio nur wenig beeindruckt/ Benzinpreissenkungen/ Gold und Dollar schwach

Berlin (dpa/ap/taz) — Die Erfolge der Allierten zum Auftakt des Golfkrieges und die Hoffnung auf ein rasches Ende des Konfliktes haben auch in der New Yorker Wallstreet riesige Kursgewinne für die amerikanischen Aktien und einen Rekordeinbruch der Ölpreise um ein Drittel gebracht. Gleichzeitig stürzten Dollar und Gold dramatisch ab. Der Preis für leichtes Rohöl fiel in New York um nicht weniger als 10,40 Dollar auf 21,60 Dollar je Barrel. Das war ein beispielloser Rückschlag von 33 Prozent.

Der Dow-Jones-Index für 30 Industrieaktien, das bekannteste US- Börsenbarometer, ist um 114,60 auf 2623,51 Punkte gestiegen. Damit wurde der zweitgrößte Kursgewinn in der Geschichte der New Yorker Börse erzielt. Nur im Comeback nach dem Börsenkrach vom Oktober 1987 hatte es größere Kursgewinne gegeben. Der Umsatz von 319 Millionen Dollar lag doppelt so hoch wie an normalen Tagen.

Der Dollar stand unter massivem Abgabedruck und lag gegen Ende des New Yorker Handels mit 1,5090 DM um 3,75 Pfennig niedriger als am Vortag. Gold sackte um 30,10 auf 374,40 Dollar je Feinunze ab.

Nach dem zweithöchsten Kursanstieg an der New Yorker Wallstreet drückte der irakische Raketenangriff auf Israel an der Börse von Tokio, die anschließend öffnet, nur kurzfristig auf die euphorische Stimmung der internationalen Kapitalanleger. Zum Börsenschluß lag der Nikkei-Index, der die allgemeine Kursentwicklung widerspiegelt, mit 23.808 Punkten um weitere 361 Punkte oder 1,5 Prozent über dem Vortagesergebnis. Am Donnerstag, dem ersten Tag des Golfkriegs, waren die Kurse am japanischen Aktienmarkt um 4,5 Prozent gestiegen.

Nach der Nachricht vom Raketenangriff auf Ziele bei Tel Aviv war der Nikkei-Index zunächst um mehr als 100 Punkte abgesackt. Das geringe Ausmaß der Schäden habe die Börsianer aber wieder beruhigt und die Kauflust erneuert, hieß es am weltgrößten Aktienmarkt.

An den westeuropäischen Aktienmärkten war am zweiten Tag des Golfkriegs nach dem irakischen Raketenangriff auf Israel die Euphorie des Vortages verflogen. In Frankfurt sank der DAX um 17,61 auf 1.405,06 Punkte, der FT-100 in London fiel um 29,50 auf 2.088,20 Punkte. Der Grund: Viele Händler wollten die hohen Gewinne vom Vortag mitnehmen. New York eröffnete ebenfalls schwach. Der Dow Jones fiel um 7,18 Punkte.

Der US-Dollar ging weiter zurück. In Frankfurt wurde er am Freitag mit 1,5153 nach 1,5200 DM am Donnerstag festgestellt. Auch Gold notierte mit 380,00 (379,00) Dollar je Feinunze in London wenig verändert.

Der Verfall der Rohölpreise auf dem wichtigen europäischen Handelsmarkt London setzte sich am Freitag weiter fort. Nordseeöl zur Auslieferung im März ging nochmals um 1,05 Dollar auf 19,75 Dollar je Barrel (159 Liter) zurück. Mit dem scharfen Rückgang der Rohölpreise gerieten in Westeuropa auch die Benzinpreise wieder unter Druck. Nachdem Aral und Esso bereits am Donnerstag ihre letzte Preiserhöhung zurückgenommen hatten, begann am Freitag DEA mit einer neuen Senkung der Kraftstoffpreise für alle Sorten um bis zu vier Pfennig je Liter.

Nach Ansicht des Fachverbands Tankstellen, Service-Stationen und Garagen (FTG) sind die Preise für Benzin und Diesel zur Zeit um mindestens fünf Pfennig pro Liter zu hoch. Die Mineralölgesellschaften betrieben gegenwärtig eine Politik der „ungerechtfertigten Bereicherung“ auf Kosten der Verbraucher, erklärte FTG-Geschäftsführer Rolf Ludwig. Trotz weltweit sinkender Rohölpreise seien die Benzinpreise noch längst nicht im gleichen Maß gesunken. Man müsse sich fragen, ob es nicht gerechtfertigt sei, hier von „Kriegsgewinnlern“ zu reden.