„...so etwas wie Zwangsabrüstung“

■ Konrad Weiss, Bundestagsabgeordneter vom Bündnis 90, über die Kriegsdrohung Iraks gegen Israel INTERVIEW

taz: Sie waren bis Donnerstag in Israel und haben ihre Solidarität gegenüber einem Angriff aus dem Irak ausgedrückt. Glauben sie, die Friedensbewegung in der Bundesrepublik hat angemessen reagiert auf die militärische Drohung des Iraks?

Konrad Weiss: Es ist bei der Friedensbewegung zu wenig die Aggression des Iraks gegen einen friedlichen Nachbarstaat realisiert worden. Der Krieg hat bereits am 2. August mit dem Einmarsch in Kuwait begonnen, nicht erst jetzt. Der Aggressor ist Saddam Hussein gewesen, der vor nichts zurückschreckt und mit den untauglichen Mitteln des Krieges seine Machtpolitik und seine Vormachtstellung im Nahen Osten durchsetzen will. Die Friedensbewegung muß sehen, daß die Reaktion der vereinigten Streitkräfte eine konzertierte Aktion der Völkergemeinschaft gegen die Aggression ist. Ich bin in einer schwierigen Situation. Einerseits lehne ich militärische Aktionen ab und glaube auch, daß nicht alle diplomatischen Möglichkeiten im Nahen Osten ausgeschöpft worden sind. Andererseits sind wir, ist die Friedensbewegung, offenbar noch nicht so weit, mit Aggressoren wie Saddam Hussein umzugehen.

Soll das heißen, die Friedensbewegung hat bei ihrer Forderung nach langanhaltenden Sanktionen außer acht gelassen, was nach einem möglichen Rückzug des Iraks mit seinem dann weiterhin bestehenden Militärpotential passiert wäre?

Wir sind hilflos gewesen. Wir haben keine Antwort gefunden, wie man mit pazifistischen Mitteln dieser Bedrohung etwas entgegensetzt und dort zu einer Lösung kommen kann. Das sehe ich als eine Niederlage der Friedensbewegung an...

...die jetzt erleichtert sein kann, daß dieses Drohpotential zerschlagen wird?

In Israel wird das eindeutig so gesehen. Nachdem ich dort war und unter der Bedrohung gestanden habe, von irakischen Raketen getroffen zu werden oder einem Giftgasangriff ausgesetzt zu sein, nachdem ich gesehen habe, daß Kinder mit Gasmasken herumlaufen müssen und eine friedliche Bevölkerung bedroht ist, verstehe ich diese Haltung. Ich kann sie trotzdem nicht teilen. Aber es ist letzten Endes so etwas wie eine Zwangsabrüstung, was dort im Irak stattfindet. Interview: Gerd Nowakowski