: Akzeptieren Nachbarn israelischen Angriff?
■ In Syrien und Jordanien mehren sich Zeichen, auch bei einem israelischen Gegenschlag auf den Irak stillzuhalten
Berlin (dpa/afp/taz) — Überraschend zeigen sich die vom Golfkrieg betroffenen arabischen Länder uneins über die Frage eines israelischen Gegenschlags.
Nach syrischer Auffassung sind die arabischen Länder nicht zwangsläufig verpflichtet, einem „Bruderland“ im Falle eines israelischen Angriffs zu Hilfe zu eilen. Dies gelte insbesondere nicht für den Fall, daß Israel vom Irak bewußt provoziert werde und eine solche Provokation seinerseits mit einem Vergeltungsschlag beantworte.
Diese Meinung wird nach bisher offiziell nicht bestätigten Berichten in der syrischen Hauptstadt Damaskus in Regierungskreisen erörtert. Grundsätzlich jedoch müßten nach ihrem Statut die Mitglieder der — seit Ausbruch der Golfkrise im August 1990 gespaltenen — Arabischen Liga bei einem Angriff Israels dem angegriffenen Staat beistehen. Die Überlegungen in Syrien könnten bedeuten, daß sich Damaskus nach den irakischen Raketenangriffen auf Israel nicht verpflichtet sähe, aus der anti-irakischen Allianz auszuscheren und Bagdad gegen die von den USA angeführte internationale Streitmacht zu Hilfe zu eilen, falls Israel einen Vergeltungsschlag gegen den Irak führen sollte.
Doch noch sind diese Andeutungen aus „gut unterrichteten syrischen Kreisen“ zu vage, um ein grundsätzliches Umdenken der Führung in diesem Frontstaat zu garantieren. Ägypten dagegen hat Israel bereits ausdrücklich ein Recht auf Selbstverteidigung zugebilligt und sieht nach den Worten von Informationsminister Safwat Scharif keinen Grund, von seinen grundsätzlichen Positionen abzuweichen.
Wichtiger noch ist die Haltung Jordaniens, dessen Parlament sich auf die Seite Iraks gestellt hatte. Dagegen ließ die Regierung verlauten, sie sähe in einer Verletzung ihres Luftraums durch israelische Flugzeuge inzwischen keine Kriegserklärung mehr. Jordanien werde neutral bleiben, wenn Israel in die Kriegshandlungen am Golf eingreifen sollte. So drückte sich zumindest der jordanische Botschafter in Frankreich, Awad Al Khalidi, aus. Dagegen hat der Sprecher des jordanischen Parlaments am Sonnabend an das ägyptische, syrische und türkische Parlament appelliert, für ein Ende der Aggression gegen den Irak zu sorgen.
Die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO appellierte an den UNO-Sicherheitsrat, den USA bei der Zerstörung des Irak Einhalt zu gebieten. Die Offenisve der Alliierten überschreite bei weitem die Grenzen, die der Sicherheitsrat für den Angriff gegen den Staat Saddam Husseins gesetzt habe.
Im Iran wie auch in den Maghreb- Staaten wächst die ausdrücklich proirakische Stimmung. Iranische Parlamentarier forderten die Regierung in Teheran auf, den USA und ihren westlichen Partnern den „Heiligen Krieg“ zu erklären. er
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen