Weitere US-Angriffe aus der Türkei

■ Özal warnt den Irak vor einem Angriff/ Luftabwehrraketen und Giftspürpanzer für deutsche Soldaten

Ankara/Berlin (dpa/afp/wps/ap/ taz) — Die US-Luftwaffe flog auch am Samstag von türkischem Territorium aus Angriffe gegen den Irak. Zwar liegen dazu noch keine offiziellen Stellungnahmen aus den Vereinigten Staaten vor. Doch berichteten türkische Militärs, die US-Fernsehgesellschaft NBC, der Präfekt der kurdischen Stadt Hakkari und Reporter aus dem südtürkischen Adana übereinstimmend, daß Dutzende von Kampfbombern vom Nato-Luftwaffenstützpunkt Incirlik aufgestiegen und nach drei Stunden aus dem Irak zurückgekehrt seien.

Nach Angaben türkischer Militärs handelte es sich um 51 Maschinen, die von fünf Tankflugzeugen begleitet wurden. Der US-Sender NBC meldete, die Kampfflugzeuge hätten an der Suche von 25 mobilen Abschußrampen für irakische Scud- Raketen in der Wüste im westlichen Irak teilgenommen und auch einige davon zerstört.

Im Fernsehen sagte der türkische Präsident Turgut Özal, möglicherweise hätten tatsächlich US-Maschinen von der Türkei aus den Irak angegriffen. Gleichzeitig warnte er Saddam Hussein vor einem Angriff auf sein Land. Jede Aggression werde „sehr gewalttätig beantwortet“. Die Türkei selbst werde den Irak nicht angreifen. Schon am Donnerstag hatte der türkische Regierungschef den USA erlaubt, den Stützpunkt Incirlik bei Adana für Angriffe gegen den Irak zu nutzen.

Nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur 'Anadolu‘ haben sich in den letzten Tagen 28 desertierte irakische Militärs den türkischen Behörden gestellt. Allein am Donnerstag überquerten zehn irakische Soldaten die Grenze. Sie seien in einem Flüchtlingslager bei Hakkari untergebracht.

Nach der türkischen Offerte an die USA sind Luftabwehrraketen des Typs „Patriot“ zum Nato-Luftwaffenstützpunkt Erhac verlegt worden, auf dem auch rund 220 deutsche Soldaten stationiert sind. Außerdem hat die Bundeswehr zwei Giftspürpanzer vom Typ „Fuchs“ zum Militärflughafen geschickt. Sie sollen die Soldaten vor möglichen Giftgasangriffen des Iraks schützen. Die Bundeswehrsoldaten sind zusammen mit achtzehn Kampfflugzeugen vom Typ „Alpha-Jet“ nach der südtürkischen Stadt Erhac verlegt worden und sollen zum Monatsende durch ein neues Kontingent aus der Bundesrepublik abgelöst werden.

Inzwischen macht sich unter SozialdemokratInnen Skepsis über das deutsche „Engagement“ in der Türkei breit. Die SPD-Bundestagsabgeordneten Hermann Scheer und Heidemarie Wieczorek-Zeul warnten am Samstag vor einem „vertragswidrigen Mißbrauch der Nato“. Eine Nato-Beistandsverpflichtung, die Deutschland in den Krieg hineinziehe, könne bereits jetzt im Zusammenhang mit der Türkei nicht mehr in Frage kommen. Denn nach dem Nato-Vertrag könne ein solcher Bündnisfall nur eintreten, wenn ein Nato-Partner angegriffen werde. Dies entfalle aber, seitdem die Vereinigten Staaten — offiziell von der Türkei ermächtigt — von türkischem Territorium aus den Irak aktiv angreifen. thos