Golfkrieg und Hungersnot im Sudan

■ Massendemonstrationen für Saddam Hussein/ Proirakischer Frontstaat gegen Saudi-Arabien

Berlin (taz) — Eine Million Tonnen Weizen stapeln sich als Nahrungsmittelreserve Saudi-Arabiens im Hafen von Jiddah, der schwerreichen Handelsmetropole am Roten Meer. Nur 200 Kilometer entfernt, auf der anderen Seite des Roten Meeres, beginnt eines der trostlosesten Hungergebiete Afrikas. In der Nubischen Wüste im Sudan, die sich von den 2.000 Meter hohen Bergen an der Küste bis zum Nil im Landesinneren erstreckt, sind bereits Hungertote gemeldet worden, die ersten einer Katastrophe, die 1991 im Sudan insgesamt zwischen acht und elf Millionen Menschen treffen könnte. Ein Bruchteil des Weizens von Jiddah würde genügen, um kurzfristig weiteres Sterben zu verhindern.

Doch dazu wird es nicht kommen. Das sudanesische Militärregime gehört mit der PLO, Jemen und Mauretanien zu den wenigen arabischen Unterstützern des Iraks. Der Beginn amerikanischer Luftangriffe auf Bagdad wurde von der Regierung scharf verurteilt, die Präsenz ausländischer Truppen in der Region am Freitag nochmals als „Teil eines Komplotts ausländischer Imperialisten“ denunziert. Fast jeden Tag wird in Khartum demonstriert. Am Samstag waren es mehrere hunderttausend Menschen, die US-Flaggen verbrannten und Parolen wie „Die Armee Mohammeds kommt“ skandierten. Es war die bisher größte proirakische Kundgebung der Welt.

Verwunderlich ist dies nicht. Seit ihrer Machtergreifung 1989 hielt sich die sudanesische Militärjunta unter General Beschir mit saudischem Geld und irakischen Waffen am Leben. Der Irak wurde zum größten Waffenlieferanten des Landes, und oft schickte Bagdad das Beraterpersonal gleich mit. Etwa eine halbe Million Tonnen Weizen, darunter die gesamte strategische Reserve, wurde 1990 in den Irak exportiert.

Als die UNO eine Handelsblockade gegen den Irak verhängte, gehörten sudanesische Handelsschiffe zu den ersten, die auf dem Weg zum jordanischen Hafen Akaba im Roten Meer von US-Kriegsschiffen gestoppt wurden. Im Oktober hinderten die USA ein Schiff mit 45.000 Tonnen Lebensmittelhilfe am Einlaufen in den Hafen Port Sudan.

Saudische Hilfe floß nun nicht mehr, irakische auch nicht. General Beschir hatte sich verkalkuliert: die Golfkrise traf den Sudan härter als andere arabische Staaten. Als die sich abzeichnende Hungerkatastrophe im November immer konkreter wurde, verurteilte das Regime die Invasion Kuwaits und rief weltweit zur Überwindung einer „temporären Lebensmittelknappheit“ auf. Doch die von den USA geforderte politische Umkehr fand nicht statt.

Die Tatsache, daß nur 200 Kilometer zwischen der Nubischen Wüste und dem saudischen Jiddah liegen, könnte nun fatale Folgen haben. Oppositionelle sudanesische Kreise behaupten seit Monaten, in dieser Region stünden drei irakische Brigaden. Ferner seien hier irakische „Scud“-Raketen stationiert — der Waffentyp, mit dem Bagdad in den letzten Tagen Angriffe auf Israel geflogen hat. Dominic Johnson