„Auf alles ballern, was da kommt"

■ Für'ne Mark Panzer killen / Rundgang durch Bremer Spielotheken

Eine Spielhalle im Bahnhof. Dunkles Licht, ein Opa in einer Art Pförtnerloge wechselt Zehner in Markstücke. Männer mittleren Alters hocken vor drehenden Spielautomaten in offenen Separees. 1943 prangt in großen roten Lettern auf einem Bildschirm. Daneben sitzt ein junger Mann an einem Apparat und schießt mit einer Art vierarmiger Krake kleine Dinger ab, die Kugeln versprühen. Rattata-Peng!

Please insert coin, fordert der 1943-Apparat mich auf. Probehalber zeigt er, was er kann. Eine ganze Armada von Flugzeugen fliegt über weiße Wolken, blaues Meer, grüne Inseln. Ich fliege noch darüber und kann alles von oben genau sehen. Auch die U-Boote und Panzer der feindlichen Armee. Peng! Und eine Rauchwolke explodiert in alle Richtungen. Peng! Und wieder. Please insert coin.

Mein Stuhlnachbar findet diese Geräte geil: „Man muß auf alles ballern, was einem in die Quere kommt. Man muß die Stationen vernichten, die die Kugeln aussenden“, beschreibt er die Schießerei in seinem Apparat. „Ich habe einen Tag Urlaub. Sonst habe ich dafür nicht so viel Zeit. Mal abreagieren und so.“ Assoziationen zum Golfkrieg? „Ich laß mich nicht verrückt machen von dem Geschrei.“

In der nächsten Spielhalle, auch im Bahnhof, gibt es auch so ein War-Game — verwaist. Da soll frau in einem Cockpit sitzen und einen Hubschrauber steuern, der durch die Hochhäuser einer Satellitenstadt rast. Auf den Grünanlagen tummeln sich Panzer. Die werden alle abgeschossen. Peng, Knall, Puff! Raus aus der Stadt, in den Wald, ins Gebirge, übers Meer. Überall U-Boote. Die feindlichen Objekte detonieren. Plötzlich löst sich der Hubschrauber selbst in eine Wolke auf. Game over.

Glaubt frau den Bediensteten der Spielhallen, sind die War-Games gar nicht so beliebt. Schließlich ist dort kein Heller zu gewinnen. Deshalb — und weil sie seit dem 1. Januar 320 Mark Steuern pro Monat kosten, sind zwischen den tausenden von Spielautomaten in Bremen nur noch rund hundert der blutrünstigen Entertainer zu finden. Mehr als die Hälfte wurden schon nach der ersten Steuererhöhung vor rund anderthalb Jahren abgebaut. Bei echten KriegsspielerInnen findet der Krieg ohnehin zu Hause statt. Gerd Schnitler vom Senator für Finanzen: „Der Reiz ist da raus. Die spielen jetzt zu Hause Video.“

Ratatata! In einer Spielhalle am Dobben sitzt ein Mann an der Operation Thunderbolt. Er schaut durch das Zielfernrohr einer beweglichen Maschinenpistole und feuert. Ratatatata. Der Schütze fährt an Bruchbuden am Rande eines Urwaldes vorbei. Aus den Buden springen Guerillas auf die Straße — Ratatatatata — Uaah! — und fallen tot zu Boden. Als es auch ihn erwischt hat, blinkt es: „fatally wounded. Your mission failed“. bear