Ingrid Strobl in Bremen

■ Bevölkerungspolitik gegen Frauen / Medienrummel blieb aus

Wer macht eigentlich Bevökerungspolitik und zu welchem Zweck? Das ist die Grundfrage, die sich die Journalistin Ingrid Strobl gestellt hat bei der Vorbereitung ihres Blockseminars „Frauenwiderstand gegen bevölkerungspolitische Maßnahmen“. Zum ersten Termin am Sonntag waren im Mehrzweckhochhaus der Bremer Uni etwa 50 Frauen erschienen. Der erwartete Medienrummel war jedoch ausgeblieben. Auch ein bayerisches Fernsehteam mußte mit leeren Händen abziehen: Strobl hatte ihr Seminar auf eigenen Wunsch medienfrei begonnen.

„Ich habe lange überlegt, ob ich das Seminar trotz des ausgebrochenen Krieges überhaupt halte“, betonte Strobl. „Ich meine aber, die Haltung der westlichen Länder im Golfkrieg hat etwas mit unserem Thema zu tun.“ Ihre Hauptthesen: Bevölkerungspolitik richtet sich generell gegen die Interessen, die Gesundheit und Eigenverantwortung von Frauen, insbesondere in der sogenannten Dritten Welt. Sie dient den reichen Industriestaaten dazu, ihre eigenen, meist wirtschaftlichen Interessen gegenüber den ärmeren Ländern der drei Kontinente Asien, Afrika und Lateinamerika durchzusetzen. Grundlage für die Begründung und Durchsetzung von Bevölkerungspolitik seien überwiegend rassistische Ideologien, die Menschen in wertvolles und wertloses Leben einteilen, so Ingrid Strobl.

Ein Beispiel: Die Inselbewohner Puerto Rico. Sie sind zwar seit der Jahrhundertwende amerikanische Staatsbürger, besitzen aber kein Stimmrecht bei Wahlen. Die erste bevölkerungspolitische Kampagne der US-Regierung „la operation“ wurde 1935 auf der Insel gestartet, erfuhren die Studentinnen. Hintergrund für diese Aktion: Die zunehmende Verelendung und soziale Aufstände. Zehn Jahre später waren 21 Prozent der Frauen unfruchtbar. Die Sterilisierungskampange wurde konsequent weiterbetrieben bis 1965 bereits 35 Prozent aller Frauen in Puerto Rico unfruchtbar waren.

Ende der 70er Jahre wurde der sogenannte Plan 2020 entworfen. Er sieht vor, die Insel in Zukunft für Militärbasen, Hightech-Industrieparks und für den Abbau von Mineralien zu nutzen. Nicht benötigt wird allerdings die Bevölkerung von Puerto Rico. Deshalb sollen hier im Jahre 2020 anstelle von derzeit vier Millionen nur noch anderthalb Millionen Menschen leben.

Für das nächste Seminarwochenende (am 2. und 3.2.) soll in Arbeitsgruppen zu folgenden Themen diskutiert werden: Geschichte und Kontinuität des Sozialdarwinismus und Eugenik in Deutschland, Rassismus und Sexismus in unserem Denken und Handeln, wie kann Frau den Kampf um Frauenbefreiuung inhaltlich und praktisch internationalisieren. bz