: Gasmasken und Fahnen
Gasmasken sind zur Zeit weltweit der absolute Verkaufsschlager. Selbst im Land der großen Beuteltiere gehen sie weg wie warme Semmeln. In Australien kostet eine Gasmaske aus israelischen Armeebeständen umgerechnet 36 Mark, wer eine deutsche Gasmaske will, muß knapp zwölf Mark mehr hinlegen. Daß das deutsche Produkt mehr kostet ist nur logisch. Die Leute sagen sich natürlich, wenn die Deutschen schon das Knowhow zur Produktion von Giftgas verkaufen, werden sie wohl auch den besten Schutz gegen das Teufelszeug herstellen können.
Eine Israelin hat in der Nacht zum Samstag mit aufgesetzter Gasmaske ein Kind zur Welt gebracht. Wie ein Krankenhaus in Tel Aviv mitteilte, hatten die Wehen eingesetzt, als in der Nacht wieder einmal die Sirenen heulten. Nach der Geburt gab es Entwarnung, und die Frau konnte die Maske wieder abnehmen. Mutter und Kind sind wohlauf. Fast die komplette Bevölkerung ist in Israel inzwischen mit Gasmasken ausgerüstet worden — nur die Palästinenser nicht. Obwohl es ein Gerichtsurteil gibt, nach dem auch die palästinensischen Einwohner versorgt werden müssen, ist bis heute nur ein Bruchteil von ihnen im Besitz einer Schutzmaske.
Selbst in der amerikanischen Hauptstadt Washington hat nach dem Raketenangriff auf Israel ein Run auf Gasmasken eingesetzt. Viele Amerikaner glauben anscheinend, daß irakisches Giftgas ihren Kontinent erreichen könnte. Die Läden mit Militärbedarf meldeten eine ungewöhnlich starke Nachfrage. „Einige Lager sind schon fast leer“, freut sich ein Händler. Auch andere Waren gehen in Kriegszeiten außergewöhnlich gut in den USA. So sind Landkarten, die den Nahen Osten zeigen, fast ausverkauft. Bevor der Krieg ausbrach, hatten die meisten Amerikaner nicht die geringste Ahnung, wo der Persische Golf liegt.
Der Golfkrieg hat auch positive Auswirkungen für die Fahnenhersteller der Vereinigten Staaten. Firmen, die die Nationalflagge produzieren, melden reißenden Absatz. Alle wollen sie ein Sternenbanner. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um ein kleines Baumwollfähnchen als Dekoration fürs Fenster oder um drei Meter große Nylonbanner handelt. Und das Schöne an dem Geschäft ist, daß beide Seiten, die Gegner wie die Befürworter des Krieges, die Fahnen brauchen. Die Patrioten schmücken ihren Garten oder ihr Eigenheim mit dem symbolträchtigen Tuch, und die Pazifisten brauchen die Fahne, um sie zu verbrennen. Karl Wegmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen