Von der Sahara in den Wüstensturm

■ Sahel-Staaten zwischen Saddam und Saudi-Arabien

Berlin (taz) — Nicht nur in den nordafrikanischen Maghreb-Staaten, auch in der gesamten Sahel- Zone und in Westafrika führt die Konfrontation zwischen Saddam Hussein und Bush zu politischen Turbulenzen. Lange griff Saudi- Arabien den Regierungen des Sahels finanziell unter die Arme und unterstützte gleichzeitig die Aktivitäten islamischer Eiferer in weiter südlichen, nichtislamischen Gebieten. Auch der Irak war nie abgeneigt, sich am Aufbau von Klientelverhältnissen zu beteiligen. Nun sehen sich die betroffenen Staaten dem Druck ausgesetzt, ihre Loyalität zu beweisen.

Beispiel Niger: Der bevölkerungsarme Sahel-Staat entschied sich schon am 20. September, 481 Soldaten an die saudische Front zu entsenden. Die Opposition im von Demokratieprotesten geschüttelten Land höhnte sogleich, damit sollten wohl unliebsame Offiziere entfernt werden. Doch solche Begründungen sind gar nicht nötig. In der Hauptstadt Niamey gibt es zwei reiche Villenviertel, die „Feisal- Siedlung“, (nach dem ehemaligen König Saudi-Arabiens) und die „Kuwait-Siedlung“. Saudisches und kuwaitisches Geld steckt ebenfalls im Pädagogikinstitut der Universität, in Bewässerungsanlagen sowie in generösen Moscheekomplexen. Auch der gegenwärtige Generalsekretär der Organisation Islamische Konferenz, Amid Agbalid, kommt aus Niger.

Ein anderer Sahel-Staat, Mauretanien an der Atlantikküste, tendiert in eine ganz andere Richtung. Im August 1990 und auch in diesen Tagen wieder fanden hier antiamerikanische Demonstrationen statt, die irakische Botschaft öffnete kurzzeitig ein Rekrutierungsbüro für Freiwillige. Der Grund: die traditionell engen Wirtschaftsbeziehungen zum Irak. Gerüchte sind im Umlauf, irakische Militärs wären letztes Jahr im Begriff gewesen, ein Testgelände für Boden-Boden-Raketen in der Sahara-Wüste einzurichten.

Die Vermutungen blieben unbewiesen, doch dem südlichen Nachbarn Senegal reichte dies aus, selbst 500 Soldaten an die saudische Golffront zu schicken. Doch war dies auch Anlaß für Spott. „Wir haben ja auch keine Truppen nach Liberia geschickt“, ereiferte sich beipielsweise der ehemalige Präsidentschaftskandidat Savane, und der senegalesische Generalstabschef bekundete in den USA freimütig, seine Armee sei gegenwärtig kaum fähig, in Kampfhandlungen zu bestehen.

Seit Kriegsausbruch versucht Mauretanien, seine frühere Freundschaft zu vergessen. Die Regierung hat es bisher vermieden, den amerikanischen Angriff auf Irak zu verurteilen, die staatlichen Medien berichten zurückhaltend. Doch wächst hier der Druck von unten — wie auch anderswo. Selbst vor Reisen nach Nigeria, dem westafrikanischen Wirtschaftsriesen mit 120 Millionen Einwohnern, haben die USA bereits gewarnt. Im islamischen Norden des Landes, wo die Aktivitäten arabischer Missionare schon öfter den Unmut nichtislamischer Bevölkerungsteile und der Zentralregierung erregten, haben die Hörer des hausasprachigen BBC-Dienstes Saddam Hussein zum „Mann des Jahres 1990“ gewählt. D. J.