Das Geschäft mit dem Krieg zeitweise gestört

■ In Berlin, Frankfurt und Hannover blockierten gestern Demonstranten Firmen und Börsen/ Polizei schlug harte Gangart bei den Räumungen ein/ Die Demonstranten klagten deutsche Firmen an, den Irak mit Fabrikationsanlagen aufgerüstet zu haben

Frankfurt/Berlin (taz) — Pünktlich um acht Uhr morgens haben sich gestern rund 600 SchülerInnen und StudentInnen vor der Börse in der Frankfurter Innenstadt versammelt. Sie blockierten einen der Eingänge und verwehrten zunächst den Angestellten den Zutritt zur Börse. Sie protestierten damit gegen die Geschäfte, die an der Börse seit Beginn der Golfkriegs getätigt worden sind, und an denen die Aktienhändler in der Siegeseuphorie des ersten Kriegstages gut verdient haben.

Es sei, kommentierte ein Sprecher des Asta, „eine kurzfristige, reale Behinderung“ gelungen. Gegen 9.30Uhr, als die ersten Börsenmakler und Banker an ihre Arbeitsplätze eilten, begann ein großes Polizeiaufgebot, die Blockade aufzulösen. Dabei verzichtete sie zeitweilig auf das langwierige Wegtragen der DemonstrantInnen und schlug statt dessen auf sie ein.

Die Menge harrte allerdings trotzdem noch über eine Stunde aus. Kurz nach der Öffnung der Börse um 10.30 Uhr zog sie dann in einer kurzen Demonstration bis zum Opernplatz. Die Veranstalter registrierten fünf Festnahmen. In der Polizeipressestelle wußte Pressesprecher Wagner gestern mittag von „Rangeleien“ und zwei Festnahmen zu berichten. Sonst aber, sagte er, sei „alles friedlich“.

Daß die Banker ihrer Arbeit auch nach Auflösung der Blockade nicht ungehindert nachgehen konnten und die Börsenergebnisse erst später als üblich bekanntgegeben wurden, habe nicht an der Blockade gelegen, sondern daran, daß ein interner Computerfehler die Öffnung um eine Stunde verzögert hatte. Das jedenfalls sagte ein Sprecher der Börse auf Anfrage.

Börsenbeschäftigte unter Polizeischutz

Auch die Berliner Börse mußte sich mit Protesten gegen die Geschäfte mit dem Krieg auseinandersetzen. Vor der Börse, neben der auch die Industrie- und Handelskammer residiert, versammelten sich am Morgen rund 200 Personen, um den ungestörten Handelsbeginn zu verhindern. Polizeischutz ermöglichte allerdings den Beschäftigten den Zutritt; statt dessen sorgten längere Blockaden auf den vielbefahrenen Straßen der Berliner Innenstadt für längere Staus.

Zuvor, gegen 5 Uhr, hatten sich rund 1.000 KriegsgegnerInnen zur Blockade von drei Firmeneingängen des Siemens-Werkes in Berlin-Spandau versammelt. Weitere Eingänge blieben allerdings offen.

„Produziert für das Leben!“

Wie in Frankfurt hatte sich die Polizei auch in Berlin zur harten Gangart entschlossen: Nach den Räumungsaufforderungen an eine Gruppe von rund 200 BlockiererInnen wurde zunächst Tränengas eingesetzt und dann geknüppelt, um die Tore zum Siemens-Werk frei zu machen. Die Polizei bestätigte zwei Festnahmen. TeilnehmerInnen berichteten von mindestens drei Verletzten. Nach der aufgelösten Siemens-Blockade wurde der Verkehr kurzzeitig lahmgelegt.

In Hannover haben sich gestern mittag an einer Aktion gegen die Geschäfte der Preussag knapp 1.000 StudentInnen und SchülerInnen beteiligt. Die Demonstranten zogen eine Blutspur durch Hannovers Innenstadt und kippten Schweineblut am hannoverschen Sitz des Energiekonzerns aus. Auf einem großen Transparent klagten sie die Preussag als „Exporteur des Todes“ an. Einzelne DemonstrantInnen trugen blutverschmierte Binden, wurden so, als seien sie durch Giftgas verletzt, auf Bahren getragen und erinnerten symbolisch an die Opfer, die der Golfkrieg bereits gefordert hat und noch fordern wird.

Ein Sprecher der StudentInnen erinnerte daran, daß „die Spezialität bundesdeutscher Firmen im Irak- Handel der Aufbau von Fabrikationsanlagen für chemische Waffen“ gewesen sei. „Dieses Verbrechen“ habe auch in Hannover Namen und Adresse. So sei die Preussag maßgeblich an der Errichtung einer irakischen Giftgasanlage in Sammarra beteiligt gewesen, habe dorthin Chlor und Chlorbehälter sowie eine Anlage zur Wasseraufbereitung für diesen chemischen Großkomplex geliefert. Solche Geschäfte mit dem Tod müßten jetzt öffentlich gemacht und in Zukunft wirkungsvoll unterbunden werden. „Produziert für das Leben“, verlangten die DemonstrantInnen. hei/diba/es

Aktionstelefon für Firmenblockaden

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