Genossenschaft will in der Grünenstraße anders wohnen

■ Einzige Bieterin für städtisches Grundstück neben dem besetzen Haus

Neben dem besetzten Haus in der Grünenstraße besitzt die Stadt Bremen ein Grundstück, das sie gerne verkaufen möchte. Dreimal wurde das 1.000 Quadratmeter große Grundstück ausgeschrieben. Die Preisvorstellung: 500.000 Mark. Gemeldet hat sich auf die Anzeige jedoch nur eine einzige Interessentin: die jüngste norddeutsche Wohnungsgenossenschaft „anders wohnen“.

Die Gruppe fand sich vor drei Jahren zusammen, um ihre Vorstellungen vom gemeinsamen Wohnprojekt aus der Theorie in die Praxis umzusetzen. Doch das erwies sich als schwierig. Ein erstes Projekt, eine ehemalige Wäscherei in der Kornstraße, scheiterte an den Preisvorstellungen des Besitzers. Unterstützung aber fand das Wohnprojekt damals bei der Stadt Bremen und dem Amt für Wohnungs- und Städtebau, die das genossenschaftliche Bauen mit Geld aus dem sozialen Wohnungsbau zu 80 Prozent fördern wollten.

Die Unterstützung der Stadt braucht das Projekt jetzt auch in anderer Hinsicht. Denn mit 350.000 Mark für das Grundstück Grünenstraße bleibt „anders wohnen“ deutlich unter den Preisvorstellungen der Stadt. Weiterer möglicher Stolperstein: Die Stadt verlangt, daß die neue Besitzerin im Erdgeschoß Räumlichkeiten für eine „Kommunale Galerie“ zur Verfügung stellt. Dann aber, so meint „anders wohnen“, ist der Neubau nicht mehr zu finanzieren. Stefan Biele, Gründungsmitglied und Architekt von „anders wohnen“: „Dann wird das zu teuer und zu eng.“

Nach Vorstellungen der Genossenschaft sollen auf dem Grundstück in drei, bzw. vier Stockwerken 14 Wohnungen für insgesamt 37 Personen entstehen. Geplant sind ein-bis vier Zimmerwohnungen, die durch das Herausnehmen einer Wand teilweise miteinander koppelbar sein sollen. Auf dem Dach soll eine Terasse angelegt werden, und Platz für eine Food-Coop wird ebenso eingeplant wie ein großer Raum für Feste oder Seminare. Ziel von „anders wohnen“: Auch für Menschen mit geringerem Einkommen sollen Formen des Zusammenwohnens und - lebens entstehen, die in normalen Mietwohnungsbauten nicht praktiziert werden können. Das dabei auch Prinzipien des ökologischen Bauens berücksichtigt werden, versteht sich für Stefan Biele von alleine.

Nach ersten Kalkulationen würde der Neubau in der Grünenstraße inklusive Grundstück rund drei Millionen Mark kosten. Neben den 80 Prozent Mitteln für sozialen Wohnungsbau müßte jeder Genosse zunächst Anteile für 1.000 Mark zeichnen und später noch einmal 4.000 Mark bezahlen, immer vorausgesetzt, daß die Stadt tatsächlich an die Genossenschaft verkaufen will.

Ob die Pläne eine Chance auf Verwirklichung haben, wird sich möglicherweise schon Ende des Monats vorentscheiden. Dann wird sich eine Arbeitsgruppe verschiedener senatorischer Dienststellen über die Sanierung der vorderen Neustadt und dabei auch über die weitere Verwertung des Grundstücks beraten.

Dabei hofft „anders wohnen“, daß ein solches Projekt angesichts der Wohnungsnot gut in die politische Landschaft paßt. Vorbilder für solche Projekte gibt es in mehreren deutschen Großstädten. In Hamburg und Berlin wurden bereits feste Haushaltsstellen zur Förderung des genossenschaftlichen Wohnungsbaus eingerichtet. hbk