Über den Krieg nachdenken

■ Geisteswissenschaftler luden StudentInnen zum teach-in

Der erste Schock ist vorbei. Das Gehirn kann wieder in Funktion treten. Das sagten sich wahrscheinlich die fünf geisteswissenschaftlichen Professoren der Uni Bremen, die gestern spontan zu einem teach-in einluden. Die Idee fiel auf fruchtbaren Boden. Der große Hörsaal quoll über. Die StudentInnen quetschten sich Brust an Rücken.

Warum dieser Krieg? Rolf Knieper, Rechtswissenschaftler: „Seit 1928 sind kriegerische Handlungen völkerrechtlich verboten.“ Die supranationalen rechtlichen Möglichkeiten reichten aber nicht aus, Verstöße zu ahnden. Der internationale Gerichtshof hätte zwar angerufen werden können. Das geht aber nur, wenn die Beteiligten es wollen. Und die UNO-Truppen sind keine Eingreif-Truppen. Also bleibt nur die Möglichkeit, einzelnen Nationen, wie hier den USA, die Sanktionsgewalt an die Hand zugeben. Die zur Verfügung stehenden politischen Mittel seien, gemessen an der kapitalistischen Logik der Weltökonomie, anachronistisch: Denn um ökonomische Interessen ginge es schließlich bei diesem nur vordergründig nationalen Konflikt.

Gerhard Leithäuser, Professor der Wirtschaftspolitik, glänzte durch erfrischenden Zynismus. Die Vorteile des Krieges lägen auf der Hand — abzulesen an den Börsenbewegungen. „Wir wollten doch nur Exportweltmeister werden“, sagte er mit argloser Stimme und Blick auf die Rüstungsexporte. „Auch Sie profitieren davon!“ Die Grundlagen der Rüstungsindustrie müßten durchschaut und ihr Teufelskreis durchbrochen werden. Schließlich böte eine demokratische und wirtschaftlich erfolgreiche Golfregion ein noch größeres Handelsvolumen für die westliche Welt. Ein weiterer Grund, nicht durch Rüstungsexporte die dortigen Diktaturen zu stützen.

Der Psychologe Thomas Leithäuser warnte vor der abstrakten Entweder-oder-Logik, die in Krisensituationen den Blick für sinnvolle Lösungen verstelle. „Schlicht, aber heimtückisch“ nannte er die Neigung zur Simplifizierung, die uns auch im Alltag allzu gerne heimsuche. Die Medien trügen ihren Teil dazu bei. Hoffnungsträger: die Friedensbewegung und die Friedensforschung. Wegen des großen Andrangs sollen die teach-ins Schule machen. bear